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Adelshof_außen

Denkmalwerte Baubestände – 13. Jh. bis 1871

Historisch gewachsener Baubestand

Von allen großen und kleineren Umbauten einer über 700jährigen Bau- und Nutzungsgeschichte sind Spuren erhalten: Massives Mauerwerk, Keller, Fachwerkwände, Fußböden aus Flusskiesen, Gipsestrich, Sandsteinplatten und hölzernen Dielen, Fensteröffnungen, Fensterverschlüsse (der älteste von 1585), Türen, Stuck, Putzoberflächen, Bemalungen, Tapeten, Nutzungsspuren wie abgetretene Treppen oder Abfall in den Kloakenschächten. Das gesamte Gebäude wurde eingehend untersucht. Historiker werteten Schrift- und Bildquellen aus. Unter der Erde haben Archäologen, über der Erde Bauhistoriker und Restauratoren nach Spuren früherer Bauzustände gesucht. Aus den Funden in dem 1582–1585 gemauerten Kloakenschacht, der auch der Entsorgung von Haushaltsabfällen diente, konnten die Archäologen Schicht für Schicht ermitteln, welches Koch- und Tafelgeschirr, welche Gläser in welcher Zeit im Adelshof genutzt wurden. Ebenso konnten Bauhistoriker und Restauratoren aus den Schichten an Wänden, Decken und Fußböden ermitteln, wie die Räume in welcher Zeit genutzt und gestaltet wurden. Diese Spuren am Bauwerk machen es zum Baudenkmal – zum Zeugnis und Abbild früherer Lebenswelten.

Mosaikfußboden von 1585 in der „Hofstube“ im Hinterhaus,  Haus 35, EG
Mosaikfußboden von 1585 in der „Hofstube“ im Hinterhaus, Haus 35, EG

1582–1585: Spektakuläre Neuausstattung am Ende
des 16. Jahrhunderts

In den Jahren 1582 bis 1585 fand ein durchgreifender Umbau aller älteren Gebäudeteile statt (Steinbau, Vorderhaus von 1517 und Nebenhaus von 1537). Dabei entstand die im Wesentlichen bis heute erhaltene Raum- und Baustruktur mit einem großen Saal und mehreren Wohnappartements. Zur Verfügung standen ungefähr 900 m2 Wohnfläche. Alle Gebäudeteile wurden mit neuen Fenstern und Türen ausgestattet. Viele Räume erhielten Modelstuckdecken, Wände und Decken wurden mit einem an Marmor erinnernden geglätteten Kalkputz versehen, einige Räume erhielten strenge, geometrische Raumbemalungen. Die meisten Fußböden bestanden aus einem weißen Gipsestrich. Besonders spektakulär – und bislang einzigartig – ist eine Raumausstattung von 1585 in der Stube des „Frauenzimmers“ im 2. Obergeschoss, in dem an den flächig verputzten Wänden eine Kombination von Modelstuck und geometrischer Bemalung aufgebracht wurde, die an Fachwerk erinnert, aber keinen Bezug zur Fachwerkkonstruktion unter dem Putz hat.
Die Backsteinzierausfachungen der Schaufassaden wurden rot bemalt und mit einem dekorativen Fugennetz versehen.

Fenster von 1585 in der Südwand des Steinhauses
Fenster von 1585 in der Südwand des Steinhauses

1784 – 1800: Elegante Neuausstattung am Ende des
18. Jahrhunderts

Das Erscheinungsbild des Adelshofes wurde 1784 bis 1800 innen wie außen stark verändert und an die Wohnvorstellungen des Adels in dieser Zeit angepasst. Die Fachwerkwände der Westfassaden an beiden Häusern (Nr. 35 und Nr. 37) wurden erneuert, die Fenster vergrößert. Das Fachwerk wurde – wie bei den neu gebauten Rokkoko-Schlösschen dieser Zeit – vollfächig mit einem graurosa schimmernden Rauhputz aus Kalk und Wesersand überputzt.
Im Inneren wurde der große Saal in die vordere Hälfte des Hauses Nr. 37 verlegt. Die meisten Räume erhielten nun hölzerne Fußböden. Die Wände wurden mit einem feinen Lehmputz (statt der sehr glatten Kalkputze) überputzt, im Obergeschoss wurden die Wände mit handgedruckten Tapeten versehen, die zum Teil aus Paris stammten.

Nach 1871

In der Zeit nach 1871, als die Familie Heisterman von Ziehlberg den Hof in der Westerbachstraße verkauft hatte, wurde das „Tillyhaus“, Haus Nr. 33, im Jahre 1898 durchgreifend modernisiert. Dabei wurden auch die Fassaden im Geschmack der Zeit neu gestaltet: nach der Freilegung des bis dahin über lange Zeit verputzten Fachwerks wurde eine kontrastierende Farbgebung nach den Vorstellungen der Zeit um 1900 aufgebracht.

Denkmalwerte

Die herausragende Bedeutung des Hofes Heisterman von Ziehlberg besteht in der wahrscheinlich bis ins 13. Jahrhundert zurückreichenden Baugeschichte und vor allem in der sehr umfangreich erhaltenen Bausubstanz, der Ausstattung und den Oberflächen des prägenden Umbaus von 1582 bis 1585.
Ebenso gehören die Umbauten und Neuausstattungen der Nutzungsphase durch die Familie Heisterman von Ziehlberg bis 1871 zur erhaltungswürdigen Bausubstanz: die Umbauten von ca. 1691 bis 1694 sowie um 1784 bis 1800, da sie Zeugnis ablegen vom Wandel der Wohnvorstellungen des Adels über fast 300 Jahre (1582 bis 1871).

Tapete mit Ranken und Vögeln, Bordüre mit Blumendarstellung, vermutlich aus Paris, um 1785/87
Tapete mit Ranken und Vögeln, Bordüre mit Blumendarstellung, vermutlich aus Paris, um 1785/87