Jacob Pins Leben und Werk

jp_1999dieweser_568x350px

Zeichen der Aussöhnung gesetzt – ein Nachruf

Trauer um den am Wochenende 88-jährig in Jerusalem gestorbenen Jacob Pins
VON CHRISTINE LONGÈRE

Jerusalem/Höxter. Dass sein Leben zu Ende ging, hatte er selbst gespürt. Vor zwei Wochen verabschiedete sich Jacob Pins in einem bewegenden Telefongespräch mit Dr. Dieter Schuler, dem Vorsitzenden der Jacob-Pins-Gesellschaft, von den Freunden in Höxter. Am Samstagabend starb der Künstler 88-jährig in seinem Haus in der Ethiopiastreet 5 in Jerusalem.

Obwohl mit der Nachricht gerechnet werden musste, löste sie bei allen, die Jacob Pins kannten, Trauer aus, aber auch die Dankbarkeit, diesem außergewöhnlichen Menschen begegnet zu sein.

»Wie kann ein Mensch, der als Jude hier soviel Leid erfahren musste, zu solch einer Geste fähig sein und einen großen Teil seines künstlerischen Nachlasses seiner Geburtsstadt überlassen?« Diese Frage warf Schuler in seiner Laudation anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Höxter an Jacob Pins am 19. September 2003 auf. Auf der Suche nach einer Antwort darauf zeichnete Schuler »den schmerzhaften Weg des Jacob Pins von Höxter nach Höxter« nach.

1917 geboren, verbrachte Jacob Pins, der damals noch den später abgelegten Vornamen Otto trug, eine zunächst wenig beschwerte Kindheit in Höxter. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten nahm der Antisemitismus immer aggressivere, demütigendere Formen an. Der Familie Pins war die Gefahr klar. Sie ermöglichte es den beiden Söhnen, das Land zu verlassen. Die Eltern konnten nicht mehr rechtzeitig ausreisen. Sie wurden deportiert und in Riga ermordet.

Auf der Suche nach der verlorenen Jugend zog es Jacob Pins 1959 zum ersten Mal seit der Emigration nach Höxter. Der Blick aus dem Eisenbahnfenster löste Enttäuschung aus und das Gefühl »da nichts mehr zu suchen zu haben«. Doch er kam zurück, auch um auszustellen: Gemälde in kräftigen Farben, ausdrucksstarke Holzschnitte, Werke, die schon in London, Amsterdam, Rio de Janeiro, Melbourne und vielen anderen Städten der Welt zu sehen waren.

Die Besuche in Höxter wurden häufiger, es entstanden persönliche Beziehungen. Wie sehr ihm die Verbindung zu seiner Geburtsstadt inzwischen am Herzen lag, zeigte sich 2002, als Jacob Pins zuerst einen privaten Kreis von Freunden und später den Bürgermeister über die Absicht der Stiftung informierte. Er widmete sie dem Andenken an das Schicksal seiner Eltern Ida und Dr. Leo Pins sowie auch der anderen Höxteraner Juden.

Mit der Nachricht von der großherzigen Stiftung löste Jacob Pins nicht nur Überraschung und Freude aus, er gab auch Anstoß zu folgenreichen Aktivitäten. Die Jacob-Pins-Gesellschaft entstand, die Sanierung des Heistermann von Zielbergschen Adelshofes hat begonnen. In dem dort entstehenden Jacob-Pins-Forum wird der reiche Fundus von Werken, die der Künstler seiner Geburtsstadt überließ, eine würdige und dauerhafte Bleibe finden.

In einem Raum des mit Kunstschätzen reich ausgestatteten Hauses in Jerusalem, in dem Elsa Pins den Künstler bis zu seinem friedlichen Tod betreute, hängt das Ölbild »The River Weser«, das im Jahr 2000 in einer Ausstellung in Jerusalem zu sehen war. Im Katalog dazu heißt es:

»Die Anspannung, die er einst fühlte, ist verschwunden und er hat seinen Frieden mit Deutschland gemacht. Seine bildliche Darstellung des Flusses betont daher eher Sanftheit als Anspannung und er verschmilzt grüne, purpur- und cremefarbene Töne, um einen pastellähnlichen opaleszierenden Effekt zu erhalten. Mit nur einem Farbakzent, dem orangefarbenen Licht in den Wäldern der entfernten Hügel, versucht er anzudeuten, dass dieses leere, ruhige Land bewohnt ist. Ein Gefühl von Frieden wird geweckt – ein perfektes Symbol für das, was der Künstler Pins auslösen will.«

Copyright © Neue Westfälische 5.12.2005 | Ausgabe: HOEXTER | Seite: 01