Jacob Pins Leben und Werk

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Deutscher Kultur zugeneigt – ein Nachruf

Maler und Ehrenbürger der Stadt Höxter Jacob Pins starb 88-jährig in Jerusalem

VON CHRISTINE LONGÈRE

Jerusalem/Höxter. »Grüßen Sie alle, dich mich kennen!«. So verabschiedete sich Jacob Pins vor acht Wochen von den Besuchern aus Höxter. Die bewegende Wiederbegegnung am Krankenbett im Hospital in Jerusalem, in dem sich der 88-Jährige wegen schwerwiegender Herzprobleme aufhielt, sollte die letzte sein.

In seinem Haus in der Ethiopiastreet 5 in Jerusalem, in dem er in den vergangenen Jahren mit großer Liebenswürdigkeit Gäste aus seiner Geburtsstadt empfing, schlief Pins am Samstagabend friedlich ein.
Von großer Bedeutung war für Pins, dass sein Wunsch, mit einer Stiftung ein Zeichen der Aussöhnung zu setzen und die Erinnerung an das Schicksal seiner Eltern Ida und Leo Pins sowie der anderen Höxteraner Juden wach zu halten, in Erfüllung geht. Erfreut nahm er im Oktober Berichte von Restaurierungsfortschritten am Heistermann von Zielbergschen Adelshof auf, in dem die zahlreichen Werke, die der Künstler der Stadt Höxter überließ, eine dauerhafte Bleibe finden werden.

Pins’ Lebensweg zeugt von außerordentlichem Behauptungswillen und unerschütterlichem Zielbewusstsein. 1936 wanderte er – zu dieser Zeit noch mit seinem später abgelegten Geburtsnamen Otto – nach Palästina aus. Nach schweren Jahren im Kibbuz, beeinträchtigt durch eine Polioerkrankung und unter Skorbut leidend, beschloss er 1941, »gegen den Rat aller Freunde und Bekannten«, sich einen von früher Jugend an gehegten Traum zu verwirklichen und Künstler zu werden.

Er nahm das Studium bei Jakob Steinhardt auf, einem Schüler von Lovis Corinth. Sein erster Linolschnitt stellte ein Porträt Goethes dar. Von sich selbst sagte Pins, er sei »von der deutschen Kultur durchtränkt«. Neben dem Expressionismus waren es fernöstliche Einflüsse, die seine künstlerische Ausdrucksweise prägten. Er wurde ein anerkannter Experte für japanische Pfostenbilder. Seine Sammlung ostasiatischer Kunst gilt als die bedeutendste Israels.

Besonders seine Holzschnitte brachten Pins internationale Anerkennung ein. Sie sind in wichtigen Sammlungen wie dem Museum of Modern Art und dem Metropolitan Museum in New York, dem Ludwig Museum Köln, dem British Museum in London und dem Puschkin Museum in Moskau zu finden. In den Holzschnitten »Totentanz« und den fünf Blättern zur Apokalypse verarbeitete Pins 1945 und 1946 die Erschütterung, die die Nachricht vom Tod seiner nach Riga deportierten und ermordeten Eltern bei ihm auslöste.

In der Stadt, in der er 1917 geboren wurde und die er auf der Flucht vor der nationalsozialistischen Judenverfolgung verließ, fand Jacob Pins seit den 80er Jahren neue Freunde und hohe Wertschätzung. Mehrmals stellte er in Höxter und Umgebung aus, nicht nur ausdrucksstarke Holzschnitte, sondern auch Gemälde in kräftigen Farben, Werke, die etwa schon in Amsterdam, Rio de Janeiro, Melbourne zu sehen waren.

Einen wesentlichen Teil seines künstlerischen Werkes übereignete er seiner Geburtsstadt. Der reiche Fundus, den die Jacob-Pins-Gesellschaft verwaltet, umfasst hunderte von Holzschnitten und Unikaten, vor allem Zeichnungen und Aquarelle. Durch seine großherzige Geste gab der Künstler Anstoß zu folgenreichen Aktivitäten. Mit Hilfe von Zuschüssen des Landes und beträchtlichen Spenden der Bürger wird der lange vom Verfall bedrohte alte Adelshof in Höxter als Ausstellungs- und Gedenkort mit neuem Leben erfüllt. 1993 verlieh die Stadt Höxter Jacob Pins die Ehrenbürgerschaft.

Copyright © Neue Westfälische 5.12.2005 | Ausgabe: FEUILLE | Seite: -UNVERSEITET