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Franz Hoffmann-Fallersleben (1855-1927)

Jüdischer Friedhof bei Bruchhausen, 1923,
Aquarell auf Papier

Franz Hoffmann-Fallersleben (1855–1927): „Waldfriedhof bei Amelunxen“ (= jüdischer Friedhof in Bruchhausen), Aquarell, 1923
Franz Hoffmann-Fallersleben (1855–1927): „Waldfriedhof bei Amelunxen“ (= jüdischer Friedhof in Bruchhausen), Aquarell, 1923

Der Sohn des Schriftstellers und Dichters des Deutschlandlieds Heinrich August Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) kam mit seiner Mutter 1860 als Fünfjähriger nach Schloss Corvey, wo sein Vater als Bibliothekar angestellt war. Obwohl der Maler Corvey in jungen Jahren verließ, um u.a. an den Kunstakademien von Düsseldorf und Weimar zu studieren und hernach seinen Wohnsitz als fertiger Maler in Berlin bezog, blieb er mit dem Weserbergland aufs Engste verbunden. Bis kurz vor seinem Tod behielt Franz Hoffmann-Fallersleben auf Schloss Corvey sein Zweitatelier. Beinahe jährlich kam er nach Corvey, um von hier Wanderungen durch das Weserbergland zu unternehmen, Natureindrücke und Bildmotive im Wechsel der Jahreszeiten zu sammeln. In Höxter und Umgebung fanden Bilder von Hoffmann-Fallersleben zudem guten Absatz, und es gehört bis heute zum „guten Ton“ ein Gemälde des Malers zu besitzen. Beliebt bei Sammlern sind seine Ansichten von Schloss Corvey und Landschaftsmotive mit herbstlich gefärbtem Laub oder vom Schnee bedeckten Wäldern aus dem Weserbergland.

Im Zuge der Sichtung des künstlerischen Nachlasses der Hoffmann-Fallersleben-Familie fand sich ein kleines Aquarell zwischen Briefen, das erstmals 2010 im Rahmen der Ausstellung „Künstler im Weserbergland und die Düsseldorfer Malerschule“ in Corvey ausgestellt war und sich nun als Dauerleihgabe im Forum Jacob Pins befindet. Die Skizzenbuchseite zeigt unregelmäßig angeordnete Grabsteine an einem Berghang unter herbstlich gefärbten Buchen. Die Inschriften der sechs tief versenkten Hochsteine sind unleserlich, lassen aber hebräische Schriftzeichen erkennen, die darauf verweisen, dass es sich um einen Jüdischen Waldfriedhof handelt. In der linken unteren Ecke ist das Künstlermonogramm FHF und die Jahreszahl (19)23 vermerkt. Auf der Rückseite hat der Maler mit Bleistift notiert:

Zu vermuten ist hier ein Bildauftrag vom jüdischen Friedhof in Bruchhausen bei Amelunxen für einen Verwandten von Samuel Frohsinn. Tatsächlich lebten im 18. und 19. Jahrhundert in dem kleinen Nethedorf Bruchhausen 26 jüdische Einwohner in sechs Familien, eine davon mit Namen Frohsinn. Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es infolge von Auswanderung nach Amerika keine jüdischen Mitbewohner mehr in Bruchhausen und der jüdische Friedhof wurde nicht mehr belegt. Heute stehen noch 12 Grabsteine auf dem Gräberfeld, das versteckt außerhalb von Bruchhausen in der Nähe des Kriegermahnmals zu Ehren der Toten des Ersten und Zweiten Weltkriegs zu finden ist.

Dr. Silke Köhn, August 2011