Jüdische Bürger in Höxter

Jüdische Familien in Höxter und ihre Namen

Dekret zur Annahme von Familiennamen vom 31. März 1808
Dekret zur Annahme von Familiennamen vom 31. März 1808

Das von 1807–1813 bestehende Königreich Westphalen brachte den auf seinem Gebiet wohnenden Juden nach dem Vorbild Frankreichs 1808 erstmals die volle Gleichberechtigung mit den christlichen Einwohnern. Damit einher ging auch für Juden die Verpflichtung zur Annahme fester Familiennamen (Edikt vom 31. März 1808), für die es bis dahin wegen der fehlenden Bürgerrechte keine feste Regel gab.

Zwar gab es in manchen jüdischen Familien bereits so etwas wie Nachnamen, unter denen die Juden auch bei den Nichtjuden bekannt waren. Dazu zählen etwa Namen wie Katz/Kaz, Levi/Levy, Cohen/Cohn, Pintz/Pins und andere. Die meisten Familien waren jedoch noch ohne Nachnamen. Zur Identifizierung des Einzelnen wurde dem Vornamen einfach der Vatersname (Patronym) nachgestellt. So trugen etwa die Söhne des Cohen Chajim in Boffzen (später Kleeberg) die Namen Mordechai ben Cohen Chajim, Schimon ben Cohen Chajim und Abraham ben Cohen Chajim. Entsprechendes galt bei den Töchter, wo etwa die Tochter des Jaakow in Fürstenau einfach Vogel bar Jaakow hieß (später Gottschalck, verh. Lipper).

Oft erscheinen diese hebräischen Namen in den offiziellen Quellen in vereinfachter und eingedeutscher Form, und es kommt zu Namensvarianten wie etwa Kusel=Karl, Schimon=Simon=Siegmund, Mordechai=Marcus, Gelle=Julie oder Vogel=Edel, was manchmal die Identifizierung erschwert. Dazu kam der häufige Brauch, den Kindern die Namen der Groß- oder Urgroßeltern zu geben. So findet man etwa unter den fünfzehn (männlichen) Enkeln des Amelunxers Salomon Seligmann Archenhold fünfmal den Vornamen Seligmann und dreimal den Vornamen Salomon.

Mit der Gestzgebung des Jérôme Bonaparte änderte sich 1808 die Situation im Königreich Westphalen, und auch die Juden in Höxter tragen seitdem einen festen Familiennamen. Dabei waren sie in der Namensannahme weitgehend frei, und es gibt die verschiedensten Varianten. Dazu nur ein paar Beispiele, wobei zum Teil auch andere Deutungen möglich sind:

nach dem aktuellen oder früheren Wohnort
Frankenberg, Dillenberg, Löwendorf, Ransenberg, Desenberg, Hekscher (= Höxter), Neustadt, Nordhaus

nach geografischen oder landschaftlichen Bezeichnungen
Netheim (nach dem Fluss Nethe), Bachmann (am Bach), Eichwald, Eppstein, Lipper (aus Lippe), Weißenstein, Wittgenstein, Schlesinger (aus Schlesien), Fränkel (ausFranken), Hochfeld, Steinberg, Kleeberg, Isenberg

nach dem Schmuck der Priestergewänder u.ä.
Bernstein (oder nach dem Vornamen Ber=Bär), Goldstein, Goldschmidt, Silbermann, Paradies

nach den Stämmen Israels und ihrer Symbole und Zuordnungen
Benjamin, Levi, Lewo, Löwi (als Anagramm: Weil, dazu auch Liepmann, Löwenstein, Löwendorf), Rosenstern, Rosenstein, Rosenberg, Rosenbaum, Blumenthal, Blumenfeld

nach dem Namen des Vaters u.ä.
Israelsohn, Jacobsohn, Liepmannssohn, Rubensohn, Emanuel, Judenberg, Gudenberg, Simson, Marcus, Michaelis