Jüdische Auswanderer des KWG (1867-1933)
Das König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter (KWG) wurde in der Zeit seit seiner Gründung 1867 von 163 jüdischen Schülern besucht, von denen mindestens 25, also über 15% bis 1933 aus Deutschland auswanderten. Die allermeisten von ihnen, nämlich fast 12%, folgten der allgemeinen Auswanderungsbewegung in die USA im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, während die übrigen Deutschland in den 1920er Jahren verließen und fast alle in Europa blieben.
Die folgenden Kurzbiografien versuchen den Lebensweg dieser ehemaligen KWG-Schüler nachzuzeichnen, die fern von Deutschland ein neues Leben begannen, eigene Familien gründeten, aber den Kontakt nach Deutschland nicht verloren, wie die bei vielen von ihnen bezeugten späteren Besuche in Deutschland belegen.
Zu den aus Nazi-Deutschland emigrierten Schülern siehe Im Dritten Reich ins Exil geflohene Schüler des KWG
Archenhold, Moritz (KWG Nr. 59), geb. 24.6.1857 in Amelunxen, Sohn des Kaufmanns Seligmann Archenhold und seiner aus Borgholz gebürtigen zweiten Frau Amalie (Malchen) Rosenstein.
Besuchte nach der jüdischen Schule Amelunxen in Höxter die Selecta und dann von 1867-1874 das neu gegründete KWG (VI-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis, um in Hannover als Kaufmann ins „praktische Leben“ einzutreten. Ging dann wie die meisten seiner Geschwister in den Rhein-Main-Raum. 1882 Auswanderung nach Waco/Texas, wo Verwandte im Alkohol- und Tabakwarenhandel tätig waren. 1887 Heirat mit der aus Wiesbaden gebürtigen Lisette (Elise) Kupfer (* 1859). 1892 Erwerb der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Pendelte als Kaufmann regelmäßig zwischen den USA und Deutschland hin und her (1892, 1896, 1899 usw.) und war zumindest zeitweise in Wiesbaden mit einer „Handlung“ verzeichnet. Seine Frau starb 1912 beim Besuch ihrer in Wiesbaden erkrankten Tochter und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Mainz begraben. Als „Rentner“ zurückgeblieben, fuhr Moritz Archenhold 1913 wieder nach Waco, von wo er noch mehrfach nach Deutschland zurückkehrte. Er starb am 2.11.1921 in Waco.
Von Amelunxen in die Welt – die Familie Archenhold
Archenhold, Siegmund/Sigmund/Sigismund (KWG Nr. 449), geb. 29.8.1868 in Amelunxen, Sohn des Kaufmanns Seligmann Archenhold und seiner aus Borgholz gebürtigen zweiten Frau Amalie (Malchen) Rosenstein.
Nach dem Besuch der Katholischen Schule in Amelunxen 1879-1883 Schüler des KWG (VI-IV). Er wohnte in dieser Zeit bei der Familie Bernstein, Am Rathaus 13. Abgang Ostern 1883, um Kaufmann zu werden. 1884 Auswanderung zu Verwandten in die USA, die dort im Alkohol- und Tabakwarenhandel tätig waren. Er starb am 9.12.1893 mit nur 35 Jahren in Waco, Texas.
Von Amelunxen in die Welt – die Familie Archenhold
Bachmann, Adolf (KWG Nr. 787), geb. 29.4.1876 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Samuel Bachmann und der in Marsberg geborenen Gella (Dina) Kosing. Die Eltern zogen mit der Heirat von Fürstenau etwa 1874/75 nach Höxter und wohnten zunächst Grubestr. 5, dann Faulebachstraße 6.
Besuchte nach jüdische Schule in Höxter 1888-1890 das KWG (VI-IV). Nach Nichtversetzung Abgang, um Kaufmann zu werden. Er blieb wohl zunächst im Elternhaus und wanderte am 11.3.1893 als 17-Jähriger zusammen mit der 10 Jahre älteren Henriette Kosing aus der Familie seiner Mutter in die USA aus, wo er später in Eau Claire (Wisconsin) mit seiner Frau Mathilde (Tilla) (* 1876) zwei Kinder hatte. 1912 als amerikanischer Staatsbürger zu Besuch in Deutschland. Er starb am 5.6.1959 in Saint Louis, Minnesota.
Die Fürstenauer Viehhändlerfamilie Bachmann
Bernstein, Alex (KWG Nr. 153), geb. 25.12.1862 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Israel Bernstein und seiner ersten Frau Rica Sudheim aus Beverungen. Der Vater führte in der Westerbachstr. 18 ein Geschäft für Eisenwaren, Öfen und landwirtschaftliche Maschinen.
Nach der Vorschule am KWG 1872-1878 Besuch des KWG (VI-OII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen Zeugnis, um Kaufmann zu werden. Nach der kaufmännischen Ausbildung am 19.1.1898 Auswanderung in die USA, wo er 1906 in Chicago eingebürgert wurde. Er blieb unverheiratet und kehrte regelmäßig zu Besuchen nach Höxter zurück, war Abonnent der Höxteraner Zeitung Huxaria und spendete während des Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik mehrfach ansehnliche Summen für die Armen der Stadt, und zwar ausdrücklich nicht nur für die Juden. Aber nicht nur wegen dieser sozialen Einstellung gebührt Alex Bernstein eine besondere Würdigung, sondern auch wegen seines Bemühens, möglichst viele biographische Daten der Juden im Raum Höxter, in Ostwestfalen und z.T. darüber hinaus zu sammeln. Auf mehrfachen Deutschland-Reisen (bis 1937) forschte er in den verschiedensten Archiven, Akten und anderen Quellen, wertete Grabsteininschriften und Beerdigungsbücher aus u.v.m. Er stellte so Zehntausende individueller Lebensdaten aus dem Zeitraum etwa 1750 bis 1935 zusammen, die sonst wegen der Vernichtung der Dokumente der jüdischen Gemeinden und der Zerstörung der Friedhöfe heute oft unwiederbringlich verloren wären. Vergeblich versuchte er noch um 1936, den alten jüdischen Friedhof in Holzminden und die dortigen historischen Grabsteine vor der Zerstörung zu bewahren. Die Ergebnisse seiner ungeheuer umfangreichen Nachforschungen werden heute als Alex Bernstein Collection im Leo Baeck Institute in New York aufbewahrt. Alex Bernstein verstarb am 14.1.1941 in San Diego.
Alex Bernstein – unermüdlicher Chronist der Juden in Höxter
Zwei Familien Bernstein in Höxter und die Familie Lewertoff
Edelstein, Theodor (KWG Nr. 1062), geb. 18. Juli 1869 in Hildesheim, Sohn des Rentiers Ruben Edelstein, Hildesheim, Zingel 34, und der Sophie Meyer aus Bückeburg. Der Vater Ruben galt in Hildesheim als hartherziger Bankier, so dass sein Haus dort den Namen „Die Tränenburg“ erhielt.
Nach der Volksschule Besuch des Gymnasiums Andreanum in Hildesheim, dann 1890-1891 Schüler des KWG (UI-OI). Abgang mit dem Abitur zunächst mit der Absicht, Philologie zu studieren, studierte aber dann zusammen mit seinem Bruder Hermann Jura (1. Semester in Zürich). 1895 ging er ledig als Referendar von Hildesheim nach Hannover und war danach zunächst als Anwalt in Walsrode tätig. 1913 zog er nach Hannover, wo sein Bruder Hermann seit 1902 eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb, die die beiden bis 1925 zusammen weiterführten und die Thedor danach allein fortsetzte. Am 30. Aug. 1930 Umzug von Hannover, Andreaestr. 10A, in die Niederlande. Informationen über sein weiteres Leben fehlen bisher. Vielleicht identisch mit dem am 6.1.1936 auf dem jüdischen Friedhof in Diemen (bei Amsterdam) bestatteten Theador Edelstein.
Emanuel, Walter (KWG Nr. 1881), geb. 27.6.1896 in Johannesburg, Südafrika, Sohn des Kaufmanns Otto Emanuel, London, und der in Johannesburg geborenen Johanna Michaelis.
Besuchte in London eine Privatschule, kam dann aber wegen verwandtschaftlicher Beziehungen nach Höxter, und war 1906-1908 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang und Fortsetzung der Schullaufbahn in Köln, wo er die einjährig-freiwillige Reife erwarb. Als Vizefeldwebel im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 1923 Heirat mit der in Nijmegen geborene Kaufmannstochter und Sprachenlehrerin Rachella Cohen (* 1897), Umzug nach Amsterdam, wo die Kinder Han (* 1924) und Mirjam (* 1927) geboren wurden. 1935 oder 1936 Einbürgerung als „handelsagent“. Als die jüdischen Kinder, darunter auch Han und Mirjam, nach der deutschen Besetzung aus dem öffentlichen Schulwesen verbannt wurden, ergriff ihr Vater die Initiative zum Aufbau eines Joods Montessori Lyceum, an dem die jüdischen Kinder ihre Schulausbildung fortsetzen konnten. Er mietete ein Haus und übernahm die Organisation der Schule, bis sie Anfang 1943 geschlossen wurde. Versteckt in einem Wochenendhaus überlebte die Familie und zog nach dem Krieg wieder nach Amsterdam. Die Tochter Mirjam emigrierte später nach Israel und wurde dort Künstlerin, ihr Bruder Han lehrte als Professor an der Universität Leiden. Walter Emanuel starb 1990 in Amsterdam.
Zwei Familien Emanuel in Höxter
Frankenberg, Bendix/Bernhard (KWG Nr. 346), geb. 10.11.1865 in Bellersen, Sohn des Handelsmanns Salomon Frankenberg und der Sophie (Sarchen) Falkenstein aus Bellersen od. Steinheim. Die Familie zog mit sechs Kindern um 1875 von Bellersen nach Höxter, wo vier weitere Kinder geboren wurden. Die ganze Familie wanderte in den Jahren um 1900 in die USA aus.
Nach Besuch der Vorschule am KWG (1875-1876) von 1876-1879 Schüler des Gymnasiums (VI-IV). Abgang, um Kaufmann in Steinheim zu werden, vermutlich im Handelsgeschäft des Verwandten Michael Weil. Später anscheinend in Hamburg. Von dort am 3.6.1907 Auswanderung in die USA zum in New York lebenden Bruder Max.
Frankenberg, Gustav (KWG Vorschule), geb. 5.11.1868 in Bellersen, Sohn des Handelsmanns Salomon Frankenberg und der Sophie (Sarchen) Falkenstein aus Bellersen od. Steinheim. Die Familie zog mit sechs Kindern um 1875 von Bellersen nach Höxter, wo vier weitere Kinder geboren wurden. Die ganze Familie wanderte in den Jahren um 1900 in die USA aus.
Besuchte vom Herbst 1875 bis Ostern 1877 die Vorschule am KWG. Nach Beendigung seiner Schulzeit an einer anderen Schule machte er wohl eine Metzgerlehre und wohnte 1885 als Metzger in Höxter. Er wanderte 1896 in die USA aus, wo er später in Flushing, New Jersey lebte. Dort am 11.12.1963 gestorben.
Frankenberg, Louis (KWG Nr. 669), geb. 1.1.1876 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Gustav Frankenberg, Höxter, Stummrigestr. 16, und der in Goch geborenen Jenny Jacobs, deren erster Mann Soistmann Rosenberg früh gestorben war. Der aus Löwendorf stammende Gustav führte ein Geschäft für Manufakturwaren und Herrengarderobe, handelte mit Feldfrüchten und vermittelte auch Wohnungen. Mit den beiden Kinder aus der ersten Ehe der Mutter wuchsen neun Kinder im Haus auf.
Nach der Jüdischen Schule in Höxter 1885-1888 Schüler des KWG (VI-V). Nach zweimaliger Nichtversetzung Abgang vom Gymnasium und vermutlich Eintritt in das Geschäft des Vaters (bis 1892 noch in Höxter). Um 1895 Militärdienst. 1903 Heirat mit der aus Elberfeld stammenden Caecilie (Cilla) Wolf. Bald nach 1900 Auswanderung in die Niederlande, wo er in Alkmaar bald die größte Buchhandlung Nordhollands betrieb. 1904 und 1909 Geburt der Kinder Hans Lion und Else. In den 1920er Jahren organisierte Louis zusammen mit seinem Höxteraner Bruder Dr. Richard die Verschickung notleidender Höxteraner Kinder nach Holland, wofür die Stadt Höxter den Brüdern wiederholt offiziell ihren Dank aussprach. Louis Frankenberg starb am 24.1.1936 in Alkmaar.
Seine Frau wurde ebenso wie die beiden Kinder Hans mit Frau und Else mit Mann und zwei Kindern nach Sobibor deportiert und ermordet. Die einzigen Überlebenden der Familie sind die Enkel Louis und Eva, Kinder von Sohn Hans Lion. Während Eva in Holland in einem Versteck überlebte und heute in der Schweiz wohnt, wurde Louis (Lode) 1944 im KZ Westerbork interniert und von dort nach Theresienstadt deportiert. Im Austausch gegen verwundete deutsche Soldaten gelangte er Anfang 1945 in die Schweiz und nach dem Krieg zu Verwandten nach Brasilien. Er lebt dort heute in São Paulo.
Kleine Geschichte der Familie Frankenberg
Frankenberg, Wilhelm/William (KWG 1032), geb. 10.10.1880 in Höxter, Sohn des Handelsmanns Salomon Frankenberg und der Sophie (Sarchen) Falkenstein aus Bellersen od. Steinheim. Die Familie zog mit sechs Kindern um 1875 von Bellersen nach Höxter, wo vier weitere Kinder geboren wurden. Die ganze Familie wanderte in den Jahren um 1900 in die USA aus.
Nach Besuch der Jüdischen Schule in Höxter 1890-1892 Schüler des KWG (VI-V). Mit der Versetzung nach Quarta Wechsel zur Jacobsohn Schule nach Seesen. Abgang von dort 1896. Er wurde Mechaniker und wanderte am 28.8.1899 mit seinem Vater in die USA aus, zunächst zu dem in New York lebenden Bruder/Sohn Gustav. 1908 Heirat mit der in Koblenz geborene Alma Kahn, die aber schon früh starb. Er lebte später in Philadelphia und kam mehrfach zum Besuch nach Deutschland. Sein Todesdatum ist nicht bekannt.
Goldschmidt, Paul Joseph (KWG Nr. 1191), geb. 6.1.1881 in Hannover, Sohn des Manufaktur- und Weißwaaren-Kaufmanns Michaelis Goldschmidt, Hannover, und seiner Frau Maria Eisemann. Die Familie lebte nur wenige Jahre in Höxter in Höxter und betrieb hier eine Leimfabrik.
Nach der Volksschule und dem Realgymnasium I in Hannover Umzug der Eltern nach Höxter. 1893-1897 Schüler des KWG (V-UIII). Nach dem Zurückzug nach Hannover vermutlich wieder Schüler des Realgymnasiums. Am 3.3.1904 Auswanderung nach New York, wo bereits andere Familienmitglieder lebten. Im Dez. 1907 in New York Heirat mit der Österreicherin Sofie Feldmann (1883-1958). Weitere Informationen fehlen. Er starb am 28.10.1961 in den USA.
Höfeld, Iwan/Ivan (KWG Nr. 217), geb. 5.7.1861 (od. 1862) in Moringen, Sohn des Kaufmann Nathan Höfeld, Moringen, und der Jette Bernstein aus Höxter, die nach dem Tod ihres Mannes (1873) für kürzere Zeit nach Höxter übersiedelte.
Nach der Vorschule am KWG 1873-1875 Besuch des Gymnasiums (VI-IV), Abgang, um Kaufmann zu werden. Am 15.4.1881 Auswanderung in die USA (wie in diesem Zeitraum auch mehrere seiner Geschwistern). Er erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft und heiratete 1907 die Amerikanerin Carry Schutz (1862-1951) aus Los Angeles, mit der er mindestens eine Tochter hatte. 1907 ist ein Besuch in Deutschland belegt. Sein Wohnort war zu dieser Zeit Clifton/Arizona. Er starb 1925 in Chicago.
Ikenberg, Isac/k Josef, später Isidor, geb. 6.8.1869 in Nieheim, Sohn des Kaufmanns Isac (Itzig) Ikenberg, Nieheim, und der aus Borgholz gebürtigen Blümchen Rosenstein. Er war das 16. Kind der Familie und erhielt den Namen des am Tag seiner Geburt gestorbenen Vaters, der in Nieheim mit Getreide, Vieh, Haushaltswaren, Textilien u.a. gehandelt hatte.
Nach Besuch der Jüdischen Schule in Nieheim 1880-1886 Schüler des KWG (V-UII). Wohnte in dieser Zeit in der sog. »Rappenburg«, dem heutigen Adam und Eva-Haus, bei der Jüdin Rosa Eppstein. Im Herbst 1886 „wegen gänzlicher Faulheit und weil er sich dem Schulbesuch entzog, ausgeschlossen“. Am 10.3.1888 Auswanderung in die USA und Annahme des Vornamens Isidor. 1891 Militärdienst in der Marine. Lebte ab etwa 1900 mit seiner Frau Hattie, geb. Bernardi, und der Tochter Gladys in Bakerfield, Kalifornien. Er starb am 6.1.1947 in San Francisco.
Katz, Sali (Salli, Sally) (KWG Nr. 44), geb. 11.1.1853 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Adolf Abraham Katz, Höxter, und der Thela Israel.
Nach der Elementarschule und der Selecta in Höxter 1867-1870 Schüler des KWG (VI-IV). Danach Übergang ins „praktische Leben“. Weitere Informationen fehlen. Zu unbekanntem Zeitpunkt (1885?) in die USA ausgewandert, dort verstorben.
Die Familien Katz in Höxter und Umgebung
Katz, Wolf (KWG Nr. 127), geb. 6.1.1859 in Ovenhausen, Sohn des Handelsmanns Levi Katz (Viehhändler), Ovenhausen und der Regine Frankenberg aus Nieheim.
Nach der Elementarschule in Ovenhausen 1870-1876 Schüler des KWG (VI-UIII). Wegen „häuslicher Verhältnisse“ (Tod der Mutter), aber auch wegen wiederholter Nichtversetzung Abgang in einen „praktischen Beruf“. Danach vermutlich Mitarbeit im Viehhandel seines Vaters. Im Sept. 1892 Auswanderung in die USA. Er starb 1920 in Groveter, New Hampshire.
Die Familien Katz in Höxter und Umgebung
Kohlberg, Ernst (KWG Nr. 181), geb. 24.5.1857 in Beverungen, Sohn des Kaufmanns Jacob Kohlberg, Beverungen, und der Johanna Rothschild aus Ottenstein.
Besuchte nach der Elementarschule das Gymnasium Andreanum in Hildesheim. Dann 1872-1874 Schüler des KWG (U III-OIII). Abgang, um in Beverungen Kaufmann zu werden, wie es in den Akten heißt, in Wirklichkeit jedoch, um 1875 mit Solomon C. Schutz nach Franklin (heute: El Paso), Texas, auszuwandern, wahrscheinlich um dem Militärdienst zu entgehen. Arbeitete zunächst bei Solomon Schutz. In späteren Jahren stellvertretender Konsul der USA im heutigen Juaréz/Chihuahua und stellvertretender Postdirektor in Franklin. Investierte sein ganzes Geld für zwei Jahre in eine Goldmine in Mexico und ging dann nach San Francisco, wo er für den Lebensmittelhandel der Gebrüder Lebenbaum sowie den Tabakgroßhandel Esberg, Bachman & Cie arbeitete. Ende 1881 Rückkehr nach Franklin und zusammen mit seinem Bruder Moritz Eröffnung eines Zigarrengeschäfts. 1884 Besuch bei der Familie in Deutschland und Heirat mit Olga Bernstein aus Elberfeld (1864-1935), die später in El Paso den ersten Kindergarten ins Leben rief. Wieder in El Paso zurück begründeten die Brüder Kohlberg die erste Zigarrenfabrik im amerikanischen Südwesten. Einige Jahre später Eröffnung einer zweiten Fabrik in Philadelphia. Weitere Besuche in Deutschland 1894/95 und 1906. Obwohl Kohlberg Republikaner war, wurde er 1893 im demokratisch dominierten El Paso in den Stadtrat gewählt. Er war Mitglied vieler Organisationen, Vereine und Vorstände und gründete unter anderem die Elektizitätsgesellschaft von El Paso. Er besaß dort auch das St Charles Hotel, wo sich 1909 der amerikanische Präsident Taft und der mexikanische Präsident Díaz trafen. Dieses Hotel vermietete er an einen John Leech, einen besessenen Spieler, der bald die Pacht nicht mehr zahlte. Als Kohlberg daraufhin die Angelegenheit einem Anwalt übergab, erschoss Leech ihn am 17.6.1910. Leech wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt, aber 1934 begnadigt.
Die Person Ernst Kohlbergs diente dem Schriftsteller Tom Lea als Vorlage für die Hauptperson seines Romans “The Wonderful Country”. Kohlbergs frühe Briefe wurden 1973 in El Paso veröffentlicht (Ernst Kohlberg: “Letters, 1875-1877”. El Paso: Texas Western Press, 1973).
The Handbook of Texas
Ernst Kohlberg – Ein ehemaliger jüdischer Schüler des KWG im „Wilden Westen“
Kohlenstein, Adolf Abraham, geb. 26.12.1862 in Fürstenau, Sohn des Handelsmanns Moses Kohlenstein, Fürstenau, und der ebenfalls in Fürstenau geborenen Rosa Röschen Desenberg.
Nach dem Besuch der Elementarschule ab Herbst 1874 Schüler der Vorschule am KWG und dann 1875-1876 des Gymnasiums (Wohnung bei der Familie Marienthal, Rosenstr. 9). Abgang, um Kaufmann zu werden. 1883 Auswanderung als Handelscommis in die USA, zusammen mit seinem jüngeren Bruder Meier. 1913 in Chicago Heirat mit der ebenfalls aus Deutschland stammenden Rose Bermann (1875-1944). Das Ehepaar lebter später in Los Angeles, wo Adolf 1937 starb, seine Frau 1944.
Löwenherz, Georg (KWG Nr. 2341), geb. 19.10.1904 Lauenförde, Sohn des Kommerzienrats Hermann Löwenherz und der aus Dargun (Mecklenburg) stammenden Toni Lichenheim. Hermann Löwenherz betrieb in Lauenförde eine Holzhandlung und gründete die heute noch bestehende HERLAG (Hermann Löwenherz AG).
Besuchte zunächst eine private (Aufbau-)Schule in Lauenförde. Nach einer gescheiterten Aufnahmeprüfung für die Quinta 1915-1917 Schüler des KWG (UIII-OIII). Abgang zum Max-Planck-Gymnasium in Göttingen. Später leitete er das der Familie Löwenherz gehörende Gut Amelith an der Glashütte, gilt jedoch als das „schwarze Schaf“ in der Familie. Denn er stiftete einen Höxteraner Elektromeister zur Brandstiftung auf dem Gut an. Der erste Versuch scheiterte, aber beim zweiten Versuch am 19.7.1929 brannte der Gutshof zum größten Teil nieder, wenige Tage vor der Heirat mit Käthe Rosenberg aus Bochum. Erst ein knappes Jahr später konnte die Polizei den Brand aufklären, und am 27.5.1930 wurde Georg Löwenherz ebenso wie der Elektromeister in Haft genommen. In der Untersuchungshaft unternahm Löwenherz einen Selbstmordversuch, überlebte jedoch. Beim Prozess vor dem Schwurgericht in Göttingen im Herbst 1930 wurde er unter Anrechnung der Untersuchungshaft zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. 1930 wurde eine Tochter geboren, die ihren Vater nie kennen lernte. Nach der Haftentlassung ging Georg Löwenherz 1931 ohne Frau und Tochter nach Rouxville (Queens) in Südafrika, wo es wohl Verwandtschaft gab. 1932 wurde die Ehe geschieden. Informationen über sein Leben in Südafrika sind nicht bekannt. Er starb 1965 in Kapstadt.
Ableger der Lauenförder Familie Löwenherz in Höxter
Marienthal, Albert (KWG Nr. 1036), geb. 25.12.1880 in Höxter, Sohn des aus Nieheim stammenden Kaufmanns Bernhard Marienthal, Höxter, Rosenstr. 9, und der Sara Israelsohn aus Vörden. Die Eltern waren religös liberal und schickten eine ältere Tochter zur Töchterschule, wo sie auch am Religionsunterricht teilnahm. Der Vater ging bereits Ende der 1870er Jahre nach Amerika, um die Auswanderung der Familie vorzubereiten.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1890-1892 Schüler des KWG (VI-IV). Zog nach seinem Abgang kurzzeitig mit seiner Mutter nach Einbeck und dann nach Hannover. Noch im Juli desselben Jahres folgte die ganze Familie dem vorausgegangenen Vater nach Amerika. 1906 in Chicago Heirat mit Carrie Livingston (1886-1935), drei Kinder. Er starb am 30.1.1934 und wurde auf dem Zion Gardens Cemetery in Chicago begraben.
Paradies, Sieghard Samson, später Richard (KWG Nr. 3859), geb. 21.8.1874 in Oerlinghausen, Sohn des Zigarrenfabrikanten Heinemann Paradies, Oerlinghausen und der ebenfalls in Oerlinghausen geborenen Elise Steinberg. Der Vater heiratete nach ihrem Tod Lea Sudheim aus Brakel.
Nach Privatschule (wohl Rektoratschule Oerlinghausen) 1886-1888 Schüler des KWG (IV-UIII). Er wohnte in dieser Zeit sicher bei seinem Onkel Julius, Wegethalstr. 4/6. Nach Abgang vom KWG 1888(?) – Herbst 1891 Schüler am Realgymnasium in Bielefeld (OIII-UII). Bald nach Ableistung seines Militärdiensts in Preußen Auswanderung nach Santa Fé / New Mexiko (USA). Dort meldete er sich als Kriegsfreiwilliger im spanisch-US-amerikanischen Krieg und gelangte so bei der Annexion der Philippinen durch die USA 1898 nach Mindanao, wo er ins Zivilleben zurückkehrte und auf eigenem Besitz lebte. 1906 Heirat mit der Philippinin Emilia Fortich, mit der er mindestens sieben Kinder hatte. Die Familie lebte auf der Insel Cebu, wo sie Grundbesitz erwarb. Sieghard starb am 2.3.1937 in Manila, kurz vor der Ankunft eines Neffen zweiten Grades, der vor dem 3. Reich aus Deutschland floh.
Der Bauschullehrer Julius Paradies und seine Familie
Polack, Elieser Edwin (KWG Nr. 990), geb. 30.9.1875 in Myton bei Kingston up Hull (England), Sohn des Viehhändlers Julius Polack, Myton bei Kingston up Hull. Er gehörte anscheinend einer schon früher aus Deutschland nach England gezogenen jüdischen Familie an, kann also kaum zu den echten Auswanderern gezählt werden.
Er kam aus Privatunterricht 1888-1889 für ein Jahr auf das KWG (VI-V) und kehrte dann nach England zurück. Weitere Informationen sind nicht bekannt.
Rose, Bendix (Bernhard) (KWG Nr. 57), geb. 16.1.1857 in Brenkhausen, Sohn des Kaufmanns Joseph Rose, Höxter, und der in Hohenwepel geborenen Lisette Buchthal. Die Eltern zogen etwa 1868 von Brenkhausen nach Höxter.
Nach Besuch der jüdischen Schule in Höxter 1867-1871 Schüler des KWG (VI-UIII). Abgang, um wie sein etwas älterer Bruder Heinemann Kaufmann in Witten/Ruhr zu werden. Vermutlich 1887 Auswanderung in die USA, wo er anscheinend Farmer wurde. 1889 in New York Heirat mit der um 1860 in Essen geborenen Henriette Bendix verw. Heimann. Unsicher belegt ist ein Besuch in Deutschland im Jahr 1892. Er starb am 25.2.1926 in New York als Hausierer.
Schuhe, Hüte und Putzsachen – die Familie Rose
Rose, Heinemann (KWG Nr. 50), geb. 21.9.1855 in Brenkhausen, Sohn des Kaufmanns Joseph Rose, Höxter, und der in Hohenwepel geborenen Lisette Buchthal. Die Eltern zogen etwa 1868 von Brenkhausen nach Höxter.
Nach Besuch der Elementarschule und der Selecta in Höxter 1867-1872 Schüler des KWG (V-UII). Abgang mit der einjährig-freiwilligen Reife, um Kaufmann in Witten/Ruhr zu werden. Auswanderung in die USA, vermutlich 1890. Unsicher belegt ist ein späterer Besuch in Deutschland. Er starb in New York.
Schuhe, Hüte und Putzsachen – die Familie Rose
Rosenberg, Wilhelm (Willi, William) (KWG Nr. 202), geb. 18.1.1862 in Amelunxen, Sohn des Kaufmanns Joseph Rosenberg, Amelunxen, und der Hannchen Meyerbach aus Ibbenbüren. Die Familie wohnte nach dem Weggang der älteren Kinder für etwa zehn Jahre in Höxter.
Nach Privatunterricht 1873-1876 Schüler des KWG (VI-IV). Wohnte in dieser Zeit bei der verwandten Familie Gustav Frankenberg. Abgang, um Kaufmann zu werden. 1879 Auswanderung in die USA. Sein Bruder Jacob folgte ihm ein paar Jahre später, starb aber bald. William lebte spätestens ab 1900 zusammen mit seiner verwitweten Schwägerin Francis/Franziska und weiteren Familienangehörigen in Greenville, Texas, und betrieb dort bis zur Prohibition 1920 einen Getränkehandel und danach einen Saatguthandel. Er war religiös liberal und so war es für ihn selbstverständlich, 1919 bei der Einweihung der Orgel der christlichen Kirche eine Ansprache zu halten. Er starb am 27.9.1943 in Greenville.
Die Familie Rosenberg in Amelunxen und Höxter
Rosenthal, Wilhelm (KWG Nr. 296), geb. 30.3.1864 in Werl, Sohn des als Textilfabrikannt und Kaufmann in Werl lebenden Abraham Rosenthal und der aus Ibbenbüren gebürtigen Emilie Meyer.
Nach Privatunterricht 1875-1878 Schüler des KWG (VI-IV). Anschließend Kaufmannslehre in Lübbecke. Folgte 1881 seinen 1872 emigrierten älteren Brüder Max Adoph und Philipp in die USA. Diese gründeten nach ihrer Rückkehr nach Deutschland 1879 in Erkersreuth (Oberfranken) eine Werkstatt für Porzellanmalerei, aus der 1891 in Selb die bekannte Porzellanfabrik entstand, zu der 1897 die von Philipp und Wilhelm sowie dem Keramikingenieur Karl Maria Bauer begründete Porzellanfabrik Bauer, Rosenthal & Co. hinzukam, die 1901 als Filiale in die Rosenthal AG eingegliedert wurde. Wilhelm Rosenthal fungierte bis 1911 als Vorstandsmitgliied und danach im Aufsichtsrat. Er heiratete Johanna Weinberg und ließ sich 1928 in Zug (Schweiz) nieder. Bis zur Enteignung leitete er das Verkaufswesen des Konzerns. Er starb am 18.4.1946 in Zug (Schweiz).