Jüdische Bürger in Höxter

Im 1. Weltkrieg gefallene jüdische Schüler des KWG

Das König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter (KWG) wurde in der Zeit seit seiner Gründung 1867 von 163 jüdischen Schülern besucht, von denen vermutlich über 40 der Jahrgänge von etwa 1875 bis 1900 im Ersten Weltkrieg an die Fronten gerufen wurden, manche von ihnen direkt nach Abschluss ihrer Schullaufbahn oder sogar nach dem vorzeitigen Erwerb eines „Kriegsabiturs“. Andere holten das Abitur nach dem Krieg nach einem „Sonderlehrgang für Kriegsteilnehmer“ nach.
Als „gute Deutsche“, wie sich die Juden fühlten, zogen manche von ihnen freiwillig und kriegsbegeistert an die Front, um dort im Kampf „für Kaiser und Reich“ zu beweisen, dass sie ebenso gut zu kämpfen verstanden waren wie ihre christlichen Mitbürger. Etliche von ihnen wurden verwundet, zeitweise vermisst oder gefangen genommen, und manche kehrten 1918 als Kriegsversehrte in die Heimat zurück.
Ebenso wie die anderen Soldaten wurden auch viele Juden mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, was zehn von ihnen nicht vor der Ermordung in den Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern des Dritten Reiches bewahrte.
Eine umfassende Darstellung des Schicksals der ehemaligen jüdischen KWG-Schüler im Ersten Weltkrieg ist hier schon wegen der unvollständigen Datenlage nicht möglich. Acht dieser Schüler fielen im Krieg, und ihrer wurde auch auf der 1923 eingeweihten Gedenktafel im alten Gebäudes des Gymnasiums an der Bismarckstraße gedacht. (Die Tafel ist heute nicht mehr vorhanden.)

Der Grabstein für Walter Dalberg auf dem Kriegsgräberfriedhof in Illies, Nordfrankreich
Der Grabstein für Walter Dalberg auf dem Kriegsgräberfriedhof in Illies, Nordfrankreich
Walter Dalberg 1913 als Unterprimaner
Walter Dalberg 1913 als Unterprimaner

Dalberg, Walter (KWG Nr. 2136), geb. 18.5.1897 in Brakel, Sohn des Brakeler Lederwarenkaufmanns Julius Dalberg und seiner Frau Friederike Dreyer.
Nach der Rektoratsschule in Brakel von 1910-1914 Schüler des KWG (UII-OI). Meldung als Kriegsfreiwilliger und Abgang mit dem Notabitur zum Kriegsdienst an der Westfront. Er fiel am 23.9.1915 als Gefreiter des Infanterie-Regiments 55 bei Richebourg-Neuve Chapelle in Nordfrankreich.

Stadt- und Dorfzeitung, 18.5.1918
Stadt- und Dorfzeitung, 18.5.1918

Dillenberg, Iwan (KWG Nr. 1183), geb. 26.1.1887 in Höxter, Sohn des Höxteraner Viehhändlers Nathan Dillenberg und der in Reher (Aerzen, Krs Hameln) geborenen Selma Heinemann.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1893-1897 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang, um Kaufmann zu werden (vielleicht Eintritt in den väterlichen Viehhandel). Einberufung zum Kriegsdienst. Als Gefreiter im Infanterie-Regiment 56 mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet. Am 11.4.1918 schwer verwundet und am folgenden Tag auf dem Wagenhalteplatz in Moreuil (Nordfrankreich) gestorben.

Max Dillenberg 1901 als Quartaner
Max Dillenberg 1901 als Quartaner
Todesanzeige für Max Dillenberg, Huxaria 17.11.1914
Todesanzeige für Max Dillenberg, Huxaria 17.11.1914

Dillenberg, Max (KWG Nr. 1473), geb. 23.6.1889 in Höxter, Sohn des Höxteraner Viehhändlers Nathan Dillenberg und der in Reher (Aerzen, Krs Hameln) geborenen Selma Heinemann.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1899-1907 Schüler des KWG. Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis, um Bankkaufmann zu werden. Arbeitete vor dem Krieg (1912) bei der Deutschen Bank in Berlin. Einberufung zum Kriegsdienst im Infanterie-Regiment 55. Als Gefreiter schon zwei Monate nach Kriegsbeginn am 4.11.1914 bei den Kämpfen um die Höhe von Lorette bei Souchez (Nordfrankreich) gefallen.

Paul Eichwald 1898 beim Abitur
Paul Eichwald 1898 beim Abitur

Eichwald, Paul Aron, Dr. (KWG Nr. 994), geb. 18.10.1879 in Höxter, Sohn des Fabrikbesitzers Julius Eichwald (Zementwerk) und der Julie Neuwald aus Arnsberg.
Nach der Vorschule am KWG 1889-1898 Schüler des KWG (VI-OI). Abgang mit dem Abitur und Medizinstudium in Bonn und München. 1903 Promotion („Über die Entstehung der Harnblasenperforationen“). 1904 Niederlassung als praktischer Arzt und Geburtshelfer in Hannover. Im Ersten Weltkrieg Assistenzarzt im Reserve-Infanterie-Regiment 74. Am 16.6.1916 vor Verdun gefallen und auf dem deutschen Soldatenfriedhof Azannes II begraben.

Emil Emanuel 1899 beim Abitur
Emil Emanuel 1899 beim Abitur

Emanuel, Emil (KWG Nr. 995), geb. 25.11.1879 in Höxter, Sohn des aus Detmold stammenden Marcus Emanuel, Lehrer an den Baugewerkschulen in Höxter und Holzminden, und der Bertha Herzstein aus Bodenfelde.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1889-1899 Schüler des KWG (VI-OI). Abgang mit dem Abitur, um das Baufach zu studieren. 1909 Ernennung zum Regierungsbaumeister, Arbeit unter anderem in Königsberg und Bochum. Nach Einberufung zum Kriegsdienst Offiziersstellvertreter im Reserve-Infanterie-Regiment 6. Am 10.11.1914 in der Langemark-Schlacht bei Poelkapelle (Belgien) gefallen und auf der Kriegsgräberstätte in Menen (Belgien) begraben.

Hakesberg, Hermann (KWG Nr. 2038), 28.5.1893 in Erkeln, Sohn des Manufaktur- und Modewarenkaufmanns Isaak Hakesberg (ursprünglich Katz) und seiner zweiten Frau Sara Scheideberg aus Brakel.
Nach Besuch der Rektoratsschule in Brakel 1909-1910 Schüler des KWG (UII-OII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis. Ausbildung zum Kaufmann. Nach Kriegsbeginn als Kriegsfreiwilliger an der Westfront. Am 19.9.1914 bei Sompy (Nordfrankreich) gefallen.

Koopmann, Walter (KWG Nr. 1646), geb. 4.7.1889 in Bonn, Sohn des in Gennep geborenen Kaufmanns Josef Koopman, der mit seiner aus Hörste bei Lippstadt geborenen Frau Amalie Freudenberg und den Kindern von 1902 bis 1908 in Höxter lebte.
Nach dem Besuch eines Gymnasiums in Bonn 1902-1905 Schüler des KWG (UIII-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis, um Kaufmann zu werden. Im Aug. 1914 als Vizewachtmeister zum Feldartillerie-Regiment 45 eingezogen. Er fiel am 24.4.1917 in Nordfrankreich und wurde auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Neuville-St. Vaast begraben.

Hermann Ransenberg 1901 als Quartaner
Hermann Ransenberg 1901 als Quartaner

Ransenberg, Hermann (KWG Nr. 1489), geb. 9.6.1888 in Höxter, Sohn des aus Dorstfeld stammenden Handelsmanns und späteren Buchhalters Selig Ransenberg und seiner in Fürstenau stammenden Frau Betty Judenberg.
Nach Besuch der Jüdischen Schule Höxter 1899-1903 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang wegen Nichtversetzung ins praktische Leben. Im Ersten Weltkrieg zur Front eingezogen. Am 30.3.1917 leicht verwundet und am 10.8.1917 als Gefreiter im Reserve-Infanterie-Regiment 254 im Susita-Tal in Rumänien gefallen.