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Monografie Jacob Pins – Künstler, Sammler, Freund

in das Pflaster vor dem Haus Marktstraße 12 in Höxter, erinnern heute daran, dass hier Ida und Leo Pins mit ihren Söhnen und zeitweise auch deren Tante Laura, einer Cou- sine der Mutter, wohnten. Im Erdgeschoss befand sich das Textilwarengeschäft, das die von Fürstenau nach Höxter ge- zogene Familie Lipper ab 1886 betrieb. Von ihrem Bruder Benno, der nach Braunschweig zog und dort um 1930 bei einem Unfall starb, übernahm Ida Pins 1926 das Geschäft. Dr. Leo Pins baute im Elternhaus seiner Frau eine typisch ländliche Tierarztpraxis mit hauptsächlich bäuerlichen Kun- den auf. Aber auch Hunde, Katzen und Kanarienvögel ge- hörten zu den Patienten. Die Verdienstmöglichkeiten waren nicht üppig, denn es gab bereits zwei Tierärzte in Höxter. Dr. Pins übernahm Vertretungen von Nachbarkollegen, so bei den jüdischen Tierärzten Blumenfeld in Paderborn und Stern in Warburg, und führte im Auftrag der Tierseuchenkasse insbesondere Rotlaufimpfungen durch. 1927 wurde er zum Stellvertreter für die Schlachtvieh- und Fleischbeschau im Kreis Höxter bestellt. Ab 1933 erhielt er von der Tierseuchenkasse keine Aufträge mehr 4 . N ach den Beschreibungen seines Sohnes war Pins ein mutiger und nüchterner Mann, der kein Blatt vor den Mund nahm, auch wenn es gefährlich war. Ein gestorbener Kanarienvogel veranlasste ihn einmal zu einer spitzen Bemerkung: Der sei wohl von der Stange gefallen, weil am Hause eine Nazifah- ne hing. Aus dem Reichsverband jüdischer Frontkämpfer trat er aus, da er ihn für eine Organisation von „A … le- ckern“ der Nationalsozialisten hielt. Als 1933 das Schild „Kauft nicht bei Juden“ vor seinem Haus aufgestellt wurde, versuchte er es zu entfernen. Mit dem NSDAP-Kreisleiter, einem Bruder des Nachbarn, der zufällig vorbei kam, wurde der Kompromiss geschlossen, dass das Schild fünf Meter vom Haus entfernt aufgestellt werden dürfe. Leo Pins hatte eine gut bestückte Bibliothek und er las gern und viel, besonders Fritz Reuter, dessen platt- deutsche Romane er sehr schätzte. Obwohl kein Vereins- mensch, gehörte Pins zum Vorstand der Ortsgruppe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (CV), und zwar weil dieser Verein, wie er sagte, „den Anti- semitismus bekämpft und nicht das Deutsche betont“. Er war überzeugter Demokrat und Mitglied der im politischen Spektrum zwischen Sozialdemokraten und Zentrum ange- siedelten Deutschen Staatspartei. Sein Selbstverständnis war das eines Deutschen, der jüdischer Religion ist, so wie andere Deutsche evangelisch oder katholisch sind. Auch Jacob Pins fühlte sich als Deutscher – „bis Hitler mich eines Besseren belehrte“. Im Gegensatz zu seiner Frau Ida war Leo Pins nicht religiös. Ihr zuliebe rauchte er am Sabbat nicht. Sonst rauchte er gern und viel Pfeife. Er ging auch in die Syna- goge. Aber dorthin nahm er seine Zeitung mit, das „Berli- ner Tageblatt“, ein republikanisch orientiertes Blatt. Sein Sohn fragte ihn dann einmal, warum er dorthin gehe, wenn er doch Zeitung lese. Er entgegnete: „Um die Gemeinde zusammenzuhalten.“ Ab 1933 schränkten immer mehr Ausnahmegesetze, Verordnungen, Verfügungen und Anordnungen das Leben der jüdischen Bevölkerung ein. 1938 wurden die jüdischen Gemeinden zu Vereinen degradiert. Der letzte Vorstand bestand aus dem Kaufmann Paul „Israel“ Netheim, dem Tierarzt Dr. Leo „Israel“ Pins und dem Arzt Dr. Richard „Is- rael“ Frankenberg. Inzwischen sollte die „Rasse“ am Namen Auch Jacob Pins fühlte sich als ­ Deutscher – „bis Hitler mich eines ­Besseren belehrte“.

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