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Monografie Jacob Pins – Künstler, Sammler, Freund

23JACOB PINS MONOGRAFIE mitgebracht. Tief geprägt von den Bildungsgütern ihres Herkunftslandes, richteten sie sich damit ganz nach dem Geschmack des deutschen Bürgertums ein. Auch das Selbstverständnis von Jacob Pins war das eines Yekkes. Er aß gerne Kartoffeln und verwendete große Sorgfalt darauf, Rotkohl schmackhaft zuzubereiten, er be- vorzugte den Fernsehsender 3sat, mochte Wilhelm Busch und die Musik von Carl Orff, vor allem die „Carmina Bu- rana“. „Einmal Yekke, immer Yekke“, sagte er noch wenige Jahre vor seinem Tod bei einem Besuch in Köln zu Ralph Giordano. Zum Kreis der Freunde und Bekannten, zu de- nen Jacob Pins über Jahrzehnte Kontakt hielt, gehörten viele Yekkes: Pia Lis aus Dresden, die 1939 im Alter von 15 Jahren Deutschland verließ, Esther Karlebach aus Lübeck, deren Vater als Schüler mit Thomas Mann in eine Klasse ging und die ebenfalls 1939 als 16-Jährige nach Palästina auswanderte, Cary Kloetzel aus Berlin, die 1934 knapp 14-jährig nach Jerusalem kam, die international ausgezeich- nete Karikaturistin Friedel Stern, die wie Jacob Pins in Januar 1917 geboren wurde und aus Leipzig stammte. Tausend Pfund Sterling habe ein Gönner für das „Kapitalistenzertifikat“ gegeben, das ihr und ihrer Mutter die Allijah (Einwanderung) in das englische Mandatsland ermöglichte, berichtet Cary Kloetzel bei einer Tasse Kaffee im Beit Anna Ticho in der Harav-Kook Street. In dem arabi- schen Haus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts starb 1980 die Malerin Anna Ticho, heute sind ihre Bilder hier ausge- stellt. „Jerusalem war nicht Berlin“, deutet Cary Kloetzel an, dass es ihr nicht leicht fiel, sich in der neuen Umgebung einzuleben. „Jeden Morgen kamen Kamelkarawanen mit abgesprengten Steinen für den Aufbau von den Hügeln herunter“, erinnert sie sich. Manchmal, wenn sie ein weißes Gartentor oder einen blühenden Fliederstrauch sieht, hat sie plötzlich die Schönheit der Landschaft und den Reich- tum der Natur in Deutschland vor Augen. Dann kommt ihr der Gedanke: „Das hat man dir weggenommen.“ Als sie Jacob Pins kennenlernte, wohnte er bei zwei deutsch-jüdischen Schwestern, die ihm ein Zimmer vermie- tet hatten. Die Beweglichkeit seiner Hüfte war durch die Kinderlähmung beeinträchtigt. Ein Mann von kleiner Statur, aber mit dem starken Willen sich durchzusetzen. „Und er hat es geschafft.“ Sie konnte nachfühlen, wie schwer die völlige Mittellosigkeit für ihn war, als er ihr gestand, dass er nicht einmal ein paar Münzen habe, um ein Mädchen zu einem Kaffee einzuladen. Später waren die Partys bei „Pinsel“, wie sein Spitzname lautete, im Freundeskreis sehr beliebt: „Zu Purim gab es ein großes Fest, alle verkleide- ten sich, jeder brachte etwas zu essen oder zu trinken mit.“ In den letzten Lebensjahren, bei den hohen Geburtstagen, traf sich dann „ganz Jerusalem“ bei ihm, „bis spät abends kamen und gingen die Gratulanten“. Oft besuchte ihn Cary auch noch in der Zeit, als er wegen gesundheitlicher Pro- bleme gezwungen war, die meiste Zeit des Tages im Sessel zu verbringen, nach einem Schlaganfall aber mit der ihm eigenen Energie wieder das Sprechen gelernt hatte. Viel be- deutete es ihm immer, die Freude über Ergänzungen seiner Sammlung mit Freunden zu teilen. Wenn er etwas Neues erstanden hatte, fragte er: „Cary, hast du Zeit? Ich muss dir etwas zeigen …“ Bei aller Liebenswürdigkeit konnte Ja- cob Pins auch rigoros einen Standpunkt verteidigen und jemandem, der seine Meinung nicht teilte, unwirsch ent- gegenhalten: „Das ist doch Unsinn!“ … hat sie plötzlich die Schönheit der Landschaft und den Reichtum der Natur in Deutschland vor Augen. Dann kommt ihr der Gedanke: „Das hat man dir weggenommen.“

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