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Monografie Jacob Pins – Künstler, Sammler, Freund

um die Miete zu kassieren. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren noch die Ringe zu sehen, an denen das Pferd befestigt wurde. Die mit schönen Objekten ausgestatteten Räu- me und die Atmosphäre in ihnen verstand Jacob Pins als Rückzugsmöglichkeit: „Keine Rabbiner, keine Kamele – nur Kunst.“ Unter den eigenen Werken des Künstlers, die an den Wänden der Wohnung in der Ethiopia Street hingen, befand sich auch eine Ansicht des Weserbogens bei Höx- ter. Welche Arbeiten er aufhänge, sei eher zufällig, erklärte er einmal, Schönheit oder Bedeutung eines Bildes spielten dabei keine Rolle: „Ich möchte sie nur aus dem Weg haben. Ich wähle die aus, die noch nicht verkauft sind.“ Als freier Künstler war Jacob Pins auf den Erlös angewiesen, den sei- ne Arbeiten einbrachten. Manchmal mokierte er sich: „Die Marine war da – nur Sehleute …“ W ichtig war Jacob Pins der Austausch mit Menschen, die an seiner Kunst und an seiner Sammlung Interesse zeigten, gleich welcher Herkunft und welchen Alters. „Wir haben immer ein offenes Haus gehabt“, sagt Elsa. Das Ministerium für Touristik nahm einem Besuch bei Jacob Pins als Angebot in das Besichtigungsprogramm auf. Freunde und Bekannte gaben sich am Schabbath die Klinke in die Hand. In das Gästebuch trugen sich Besucher aus Europa, Amerika und Australien, aus Uruguay, Hongkong, Japan, Nepal und Bra- silien ein, darunter der Maler und Grafiker Ernst Fuchs, die Tänzerin und Choreographin Mary Wigman, der Schrift- steller James A. Michener, ebenfalls Sammler japanischer Holzschnitte. Als der berühmte amerikanische Autor und seine japanische Frau ihren Besuch ankündigten, freute sich Elsa auf einen äußerst interessanten Abend. Sie wur- de enttäuscht. Sehr langweilig sei es gewesen, erinnert sie sich. Jacob Pins breitete seine Schätze aus, und die beiden Männer steckten ihre Köpfe zusammen „wie zwei Jungen, die eine Briefmarkensammlung betrachten“. Das Gespräch beschränkte sich auf knappe Kommentare: „Wow – sehr gut!“ oder „Das habe ich auch!“ Mühelos wechselte Jacob Pins im Gespräch mit sei- nen Besuchern zwischen den Sprachen Hebräisch, Englisch und Deutsch. Ab und zu kam Walter Lebenstein mit einer Gruppe von Touristen. Einmal stand eine Amerikanerin vor der Darstellung eines Hahns und ließ ihren Blick suchend durch das Atelier wandern. „Lovely, lovely! Aber haben Sie nicht auch etwas Jüdisches?“ Darauf erhielt sie die Antwort: „Madam, das ist ein jüdischer Hahn!“ Einen anderen ame- rikanischen Besucher stimmte Jacob Pins nachdenklich, indem er auf eine Kreuzigungsszene wies und dazu erklär- te: „Hier ist Jesus als Jude zu sehen.“ Kleinlaut gestand der Mann: „Das ist mir nie bewusst geworden.“ Das Thema Kreuzigung hat Jacob Pins intensiv be- schäftigt. Motive wie das des gekreuzigten Clowns oder auch die Trilogie „Heilige und Narren“ mit dem Bild „Die Anbetung der Vogelscheuche“ (Abb. 27) deuten hin auf eine tiefe Erschütterung des Glaubens, ausgelöst durch das Erlebte und Erlittene, das die Frage aufwarf: Ist nicht Religion sinnlos, „wenn ein Gott so etwas zulässt“? Aus dieser Sicht erscheint Frömmigkeit als närrische Farce, weil sie nichts zu verhindert vermochte. Mit der Gestalt des Clowns identifizierte sich Jacob Pins, sie verkörpert für ihn eine Seite der menschlichen Exis- tenz, wie Ziva Amishai-Maisels erläutert 12 . Clowns faszi- nierten ihn, seit er sie in dem jüdischen Circus Blumenfeld Motive wie das des gekreuzigten Clowns […] deuten hin auf eine tiefe Erschütterung des Glaubens, ausgelöst durch das Erlebte und Erlittene, das die Frage aufwarf: Ist nicht Religion sinnlos, „wenn ein Gott so etwas zulässt“?

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