Juden in Bosseborn
Das kleine Dorf Bosseborn war wegen seiner geographischen Lage auf dem Berg damals aus verständlichen Gründen für die Juden nur wenig attraktiv. Die Einwohnerzahl war zu gering, und der Weg nach Höxter und in die umliegenden Dörfer war mühsam. Bosseborn war deshalb für Handelsberufe, in denen die Juden wegen ihrer minderen rechtlichen Stellung bis ins 19. Jahrhundert hinein weitgehend nur tätig sein durften, kein günstiger Wohnort. Es gab hier deshalb auch nie eine eigenständige jüdische Gemeinde.
Abgesehen von der Nennung des Juden „Kuesen“ (Kusel?) im Jahr 1669, verzeichnen die Quellen nur die Familie Gudemann. Abraham Gudemann, der wohl Anfang der 1770er Jahre aus Adorf (Waldeck) nach Bosseborn zuzog und dort später ein Haus und Grundstücke besaß, belieferte offensichtlich Truppen im Felde mit Nahrungsmitteln, denn 1800 wird er als „Staabs Marquetender beym 4ten Chur Hannoverschen Grenadier Battaillon des Herrn Major v. Plato“ bezeichnet, und man bescheinigte ihm „seinen sittlichen Charakter, sein ruhiges Betragen und seine Rechtschaffenheit“.
Auch in Bosseborn wurde er als „guter Mann“ geschätzt; dafür spricht jedenfalls 1808 die Wahl des Namens Gudemann (wohl auch: Guthmann). Als fähiger Geschäftsmann kaufte er im Dorf allerlei Ländereien, um sie mit Gewinn wieder zu verkaufen. All diese Gründe erklären, weshalb er im Königreich Westfalen nach der (vorläufigen) Gleichstellung der Juden zum Bürgermeister („Maire“) der „Commune Bosseborn“ ernannt wurde, und er erreichte es sogar, dass für seine Familie ein eigener Friedhof angelegt wurde.
Abrahams Gudemanns nach Jamaica ausgewanderter Bruder Salomon Meyer (John Myers) und Abrahams Sohn Jacob spielten dagegen als Reiseagenten und Anwerber eine unrühmliche Rolle bei der Auswanderung deutscher Siedler nach Jamaica, denn statt des erhofften Freilandes erwarteten sie dort nur Krankheiten, Ungeziefer und Ausbeutung.
Der jüdische Friedhof in Bosseborn
Die kleine Begräbnisstätte, die nur Angehörige der Familie Gudemann aufnahm, lag vor dem südlichen Dorfausgang. Mit dem Weggang der Familie verlor sie um 1870 ihre Funktion und verödete. Bei der Flurbereinigung ab 1889 wurde die Fläche der Gemeinde zugewiesen und gehört heute der Stadt Höxter (Flur 7, Flurstück 65). Bis in die 1930er Jahre waren noch drei große Grabsteine aus Sandstein zu sehen, von denen heute noch einer als Brunnenabdeckung im Kreuzkamp existiert (ohne die ehemals aufgesetzte Platte mit dem Namen).
- Peter Schiller: Abraham Gudemann: „Maire der Commune Bosseborn“. in: Höxter-Corvey, HVV Nr. 3/1980, S. 5-14