Jüdische Bürger in Höxter

Auf dem jüdischen Friedhof in Bruchhausen (Schriefer).
Auf dem jüdischen Friedhof in Bruchhausen (Schriefer).

Juden in Bruchhausen

Das heute beschauliche Dorf Bruchhausen, in dem der jüdische Religionsphilosoph und Polyhistor Salomon Ludwig Steinheim die ersten 15 Jahre seines Lebens verbrachte, war für die Landjuden über Jahrhunderte als Ansiedlungsort bedeutend interessanter als das benachbarte Ottbergen, das erst mit dem Bau der Eisenbahn im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts seinen Aufschwung nahm. Die erste Ansiedlung von Juden in Bruchhausen ist schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts bezeugt, und gegen Ende des 18. Jahrhundert stellten die Juden in Bruchhausen mit Joseph Levi für fast zwei Jahrzehnte den Obervorsteher, der auch für die anderen jüdischen Landgemeinden im Corveyer Land zuständig war. Anfang des 19. Jahrhunderts werden dort 6 jüdische Familien genannt, und 1843 gab es in Bruchhausen mit 26 jüdischen Einwohnern die größte Konzentration von Juden auf dem Gebiet der heutigen Stadt Höxter (nach der Kernstadt, Ovenhausen und Fürstenau).

Mehr als zwei Jahrhunderte gab es in Bruchhausen eine jüdische Gemeinde, zu der auch die Ottberger Juden gehörten. Waren die Juden in Bruchhausen offensichtlich trotz ihrer minderen rechtlichen Stellung insgesamt akzeptiert oder integriert, gab es doch auch Konflikte, so etwa wenn die Juden im evangelischen Bruchhausen ihre Toten während des Gottesdienstes beerdigten, da ihnen der Sabbath (Samstag) aus religösen Gründen verboten war.

Franz Hoffmann-Fallersleben (1855–1927): „Waldfriedhof bei Amelunxen“ (= jüdischer Friedhof in Bruchhausen), Aquarell, 1923
Franz Hoffmann-Fallersleben (1855–1927): „Waldfriedhof bei Amelunxen“ (= jüdischer Friedhof in Bruchhausen), Aquarell, 1923

Der nicht genau abgegrenzte jüdische Friedhof, im Wald oberhalb des Dorfes in unmittelbarer Nähe des Kriegerdenkmals gelegen (erreichbar über den Lehmkulenweg, am Ende des Hüwewegs), wurde vom 17. bis zum 19. Jahrhundert belegt und zeigt heute noch 12 Grabsteine, darunter auch von Angehörigen der Familie Steinheim. Für Heinrich Hoffmanns von Fallersleben Sohn Franz war die idyllische Waldlage ein Grund, den Friedhof in einem Aquarell festzuhalten.

Spätestens 1767 richtete die Gemeinde in einem Anbau am Haus des Großvaters von Salomon Ludwig Steinheim eine eigene Synagoge ein mit einer „kleinen Frauensynagoge daneben, die mittels eines kleinen Fensters mit der großen Männersynagoge kommunizierte“, wie Steinheim in seinen „Kindheitserinnerungen“ schreibt, eine Synagoge, die auch die Ottberger Juden besuchten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sank der Anteil der Juden rapide, und nach 1850 wurde Bruchhausen mit Ottbergen und Amelunxen zu einer jüdischen Gemeinde zusammengeschlossen. Bereits 1863 wurde das Haus der Synagoge an einen christlichen Einwohner von Bruchhausen verkauft, der sich noch verpflichtete, weiterhin die Abhaltung des jüdischen Gottesdienstes zu gewährleisten. Ab 1878 nach dem Tod des letzten jüdischen Einwohners, dessen Tochter bei ihrer Heirat mit einem ortsansässigen Bauern zum Christentum übergetreten war, gab es in Bruchhausen keine Juden mehr, und die Einrichtung der Synagoge wurde nach Amelunxen überführt.

Salomon Ludwig Steinheim – jüdischer Arzt, Religionsphilosoph und Gelehrter aus Bruchhausen

Salomon Ludwig Steinheim

Leben und Wirken des aus Bruchhausen stammenden Salomon Ludwig Steinheim (1789–1866) sind vielfach an anderer Stelle dargestellt worden. Auf entsprechende Veröffentlichungen wird hier verwiesen:

Salomon Ludwig Steinheim
Salomon-Ludwig-Steinheim-Institut
Jüdische Literatur in Westfalen
Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren 1750 bis 1950

Fritz Ostkämper, 16.5.2015
e-mail: ostkaemper@jacob-pins.de