Jacob Pins Leben und Werk

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Jacob Pins – Ehrenbürger von Höxter

Höchste Ehrung der Stadt für ehemaligen jüdischen Schüler des KWG

Foto: Bürgermeister Hecker und Jacob Pins

Zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg hat die Stadt Höxter wieder einen Ehrenbürger: den heute in Jerusalem lebenden Künstler Jacob Pins. 1917 in Höxter geboren, besuchte er hier sechs Jahre lang das KWG, bis er im 3. Reich vor den Nazis ins Exil flüchten musste. „Aber Sie sind zurückgekommen“, so Bürgermeister Hecker in einer bewegenden Feierstunde am 15.9.2003 im Rathaus von Höxter, bei der vielen die Augen feucht wurden.

„Wir haben uns heute vor Ihnen in großer Hochachtung versammelt“, gab Hecker dem Gefühl der Anwesenden Ausdruck. „Der heutige Tag ist Ihr Tag, gleichzeitig ein Tag der Versöhnung, ein Tag von besonderer Symbolkraft für unsere Stadt.“

Denn die Stadt Höxter ehrt nicht nur den Künstler Jacob Pins, sondern übernimmt, wie Dr. Dieter Schuler, Vorsitzender der „Jacob-Pins-Gesellschaft – Kunstverein Höxter“, hervorhob, zugleich auch die „Verpflichtung, Ihr Schicksal, das Schicksal Ihrer Eltern und aller ehemaligen jüdischen Mitbürger nicht zu vergessen.“
Diese Verpflichtung gilt um so stärker, als Jacob Pins der Stadt Höxter in einer überaus großzügigen Schenkung einen großen Teil seines künstlerischen Werks (bisher etwa 300 Werke) übergeben hat: „Ein Vermächtnis besonderer Art, das auch in Zukunft das besondere Spannungsverhältnis zwischen Jacob Pins und Höxter dokumentieren wird, das auch künftigen Generationen Mahnung und Erinnerung sein wird“, betonte der Bürgermeister. „Trotz all Ihrer leidvollen Erfahrung, trotz des Verlustes Ihrer Heimat, trotz des Verlustes Ihrer Familie, trotz des Verlustes Ihrer Freunde und trotz des Verlustes Ihrer Glaubensgenossen, trotz all des Leids, das Sie in Ihrem Leben erfahren mussten, haben Sie den Weg zu den Stätten Ihrer Kindheit, zu den Stätten Ihrer Jugend zurückgefunden“. Auch deshalb gebühre Jacob Pins die Ehrenbürgerschaft: „Sie waren damals Bürger der Stadt Höxter, und sie sind heute wieder Bürger, Ehrenbürger der Stadt Höxter.“

Dr. Schuler, der ebenso wie der Bürgermeister auf die gleichzeitige Ausstellung von Werken von Jacob Pins in der Sparkasse hinwies, ging in seiner Würdigung der Frage nach, wie der aus aus seiner Heimatstadt Höxter vertriebene Jacob Pins gerade dieser Stadt ein so überaus wertvolles Geschenk machen konnte: „Wie kann ein Mensch, der als Jude hier soviel Leid erfahren hat, zu solch einer großen Geste fähig sein?“
Diese Schenkung sei möglich geworden, „weil es Menschen gab, die in Zeiten der Bedrängnis Hilfe und Solidarität zeigten“, Menschen wie den Geschichtslehrer Ummen, die Familie Bender (Mutterseite von Dr. Kraft) oder den Buchhändler Julius Henze, der 1967 die erste Ausstellung in Höxter veranstaltete. Vor allem aber, so Dr. Schuler, brauchte es „Zeit, damit das eigentlich Große, das Unglaubliche und Bewundernswerte begann, das wir heute in bescheidener Form mit dieser Ehrenbürgerschaft würdigen, nämlich der Schritt zur Versöhnung.“

Damit das mit der Schenkung verbundene Vermächtnis wirksam werden könne, bedürfe es jedoch noch vieler weiterer Schritte in Höxter. Die „Jacob-Pins-Gesellschaft“ plane deshalb eine Dauerausstellung im Heistermann-von-Zielbergschen Adelshof, der vor seiner Restaurierung stehe. „Wenn es uns gelingt, den Adelshof der Westerbachstraße als Dauerausstellungsort mit neuem Leben zu erwecken, dann haben Sie Höxter um ein Juwel attraktiver gemacht“.

„Lieber Herr Pins“, schloss Dr. Schuler seine Würdigung, „Sie haben uns die Freiheit durch Versöhnung gelehrt und die Macht der Bescheidenheit gezeigt. Dies ist eine Sternstunde für Höxter und eine Verpflichtung, Ihr Schicksal, das Schicksal Ihrer Eltern und aller ehemaligen jüdischen Mitbürger nicht zu vergessen.“

Im gleichen Sinn antwortete auch Elsa Pins im Namen ihres Mannes, der seinen Dank aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst vortragen konnte, und erinnerte daran, dass die Stiftung der Werke vor allem dem Andenken an die im 3. Reich ermordeten Eltern Dr. Leo und Ida Pins gewidmet sei.
Zum Schluss gab es noch eine Überraschung, auch für den Geehrten, als Dr. Schuler einen Glückwunschbrief von Ralph Giordano verlas, der sich mit Wehmut an Begegnungen mit Jacob Pins erinnerte und bedauerte, aus terminlichen Gründen nicht an der Feierstunde teilnehmen zu können, aber deshalb wenigstens schriftlich gratulieren wollte: „Eine späte, aber nicht zu späte Auszeichung. Sie zeigt, daß wir Bundesgenossinnen und Bundesgenossen in Deutschland haben.“ „Ich bin in Gedanken dort und mit dabei, in Höxter und bei Deinen Freunden und Wohlmeinenden.
Der Ausstellung wünsche ich den verdienten Erfolg, und Dir, Meister, maseltov, maseltov – und ein langes Leben noch!“

Fritz Ostkämper, OMNIBUS, Dez. 2005