Jüdische Bürger in Höxter

Im Dritten Reich ins Exil geflohene Schüler des KWG

Das König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter (KWG) wurde in der Zeit seit seiner Gründung 1867 von 163 jüdischen Schülern besucht, von denen mindestens 47, also fast 29% in den Jahren des Dritten Reich nach 1933 aus Deutschland emigrierten, um der Verfolgung und der drohenden Vernichtung der Juden zu entgehen. Drei von ihnen wurden trotzdem zu Opfern des Holocaust.
Die Fluchtwege waren vielfältig und führten die Schutzsuchenden nach Palästina, Südamerika, Südafrika, in die USA und andere Länder, die bereit waren, sie aufzunehmen, nachdem die Flüchtlinge die Erlaubnis zur Emigration aus Deutschland erhalten hatten. Oft führte der Fluchtweg über die Niederlande oder England, bevor die aus Deutschland vertriebenen Emigranten schließlich in ein sicheres Land auswandern konnten. Die folgenden Kurzbiografien können diese Wege nur unvollständig nachzeichnen.

Zu den vor 1933 emigrierten Schülern siehe Jüdische Auswanderer des KWG

Adler, Siegmund (KWG Nr. 1182), geb. 21.1.1881 in Herste, Sohn des Handelsmanns Gerson Adler und der aus Fürstenau gebürtigen Sara Rosenstern. Die Familie zog 1912 nach Brakel.
Nach der Elementarschule (vermutlich in Herste) und der katholischen Selecta in Höxter 1893-1896 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang in „Privatunterricht“. Sichere Informationen über sein Leben fehlen. Möglicherweise lebte er wie seine mit dem Möbelhändler Salomon Rubens (1867-1938) verheiratete Schwester Julia (1876-1913) in Gelsenkirchen-Schalke. Ebenso wie sein Schwager emigrierte Siegmund Adler im Dritten Reich nach Palästina und starb um 1950 in Israel.

Norbert Bachmann um 1944
Norbert Bachmann um 1944

Bachmann, Norbert (KWG Nr. 897), geb. 8.4.1877 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Samuel Bachmann und der in Marsberg geborenen Gella (Dina) Kosing. Die Eltern zogen mit der Heirat etwa 1874/75 von Fürstenau nach Höxter, Grubestr. 5, dann Faulebachstraße 6.
Nach der jüdischen Schule in Höxter 1887-1891 Schüler des KWG (VI-V). Nach zweifacher Nichtversetzung Abgang, um Kaufmann zu werden. 1902 Heirat mit Lea Rosemann (* 1878) aus Freystadt/Westpreußen, vier Kinder. In der Weimarer Republik Altwarenhändler in der Rosenstraße 15. Später Umzug nach Duisburg. Von dort am 1.10.1935 Auswanderung zu den zwei bereits emigrierten jüngeren Söhnen in die USA. Die Ehefrau Lea starb dort am 7.2.1943, Norbert Bachmann am 16.11.1950.
Die Fürstenauer Viehhändlerfamilie Bachmann

Die Brüder Gustav und Hartwig Buxbaum Ende der 1930er Jahre in Südafrika
Die Brüder Gustav und Hartwig Buxbaum Ende der 1930er Jahre in Südafrika

Buxbaum, Gustav (KWG Nr. 2544), geb. 29.7.1906 in Beverungen, Sohn des jüdischen Lehrers Selig(mann) Buxbaum, Beverungen (aus Rhina stammend), und der in Wüstensachsen geborenen Bertha Nussbaum. Der Vater erteilte als letzter Lehrer den jüdischen Kindern im Kreis Höxter bis in die 1930er Jahren den Religionsunterricht.
Nach Unterricht an einer Privatschule in Lauenförde 1919-1923 Schüler des KWG (IV–UII). Abgang mit der Mittleren Reife, um in einen praktischen Beruf einzutreten. Ging Anfang der 1930er Jahre zum Arbeiten nach Amsterdam. Folgte am 10.2.1939 mit Eltern und Schwester dem 1935 emigrierten Bruder Hartwig nach Südafrika. Nach zweijähriger Erlernung der Landwirtschaft mit Unterstützung seines Bruders Kauf der Farm „Frischgewaagd“ (1976: 600 Hektar und 50 Arbeiter) in einer ca. 30 Jahre existierenden Kolonie vorwiegend osteuropäischer Juden nahe den Orten Leslie und Kinross tief im Inland. 1942 Heirat mit der aus einer deutschsprachigen Familie in Memel stammenden Rebecca Lessem, Kinder Beatrice (1943), Stuart (* 1948). Die Farm wurde später von dem Sohn Stuart weitergeführt. Sein Todesdatum ist wie das seiner Frau nicht bekannt.
Stuart Buxbaum: My Uncle, The Doctor: The life and times of Hartwig Buxbaum.
Part I, S. 36-41Part II, S. 23-31
Geoff Sifrin: To Gershn. Tales of People of Zjembin. Johannesburg, 1995.

Hartwig Buxbaum als Verbindungsstudent
Hartwig Buxbaum als Verbindungsstudent
Hartwig Buxbaum 1924 beim Abitur
Hartwig Buxbaum 1924 beim Abitur

Buxbaum, Hartwig, Dr. (KWG Nr. 2539), geb. 23.6.1905 in Beverungen, Sohn des jüdischen Lehrers Selig(mann) Buxbaum, Beverungen (aus Rhina stammend) und der Bertha Nussbaum aus Wüstensachsen. Der Vater erteilte als letzter Lehrer den jüdischen Kindern im Kreis Höxter bis in die 1930er Jahren den Religionsunterricht.
Nach Unterricht an einer Privatschule in Lauenförde Besuch eines Gymnasiums in Marburg, dann 1919-1924 Schüler des KWG (OIII-OI). 1921 Gründungsmitglied des VfB 20 Beverungen. Nach dem Abitur mit einem Stipendium der Braunschweiger Bene-Briss-Loge Medizinstudium in Göttingen, Bonn und Wien. 1929 Examen in Münster und danach Medizinalpraktikant bei der „Israelitischen Kranken-Verpflegungs-Anstalt und Beerdigungs-Gesellschaft“ in Breslau, 1930 am Städt. Krankenhaus in Altona. 1930 Approbation und Promotion in Münster („Drei Fälle von ‘Hernia diaphragmatica spuria congenita’. Ihre Pathologie, Pathogenese und Differential-Diagnose“). Weitere medizinische Studien in Edinburgh und Glasgow. Gescheiterte Ehe mit Johanna Eva Polak. 1935 Emigration nach Südafrika. Praxis als Arzt in Kinross, dann in Durban. Die anderen Familienangehörigen folgten 1939 (Eltern, Bruder Gustav, Schwester Sidonie). Er starb am 27.11.1942 in Ausübung seines Berufs in Durban an Typhus, in Kapstadt begraben, bald nach der Heirat mit der aus Wallenhorst gebürtigen Hedwig Hoernschemeyer (1907-1965). Diese heiratete nach Hartwigs Tode 1944 den aus Hamburg geflohenen Lothar Bromberger († 1966/67).
Stuart Buxbaum: My Uncle, The Doctor: The life and times of Hartwig Buxbaum.
Part I, S. 36-41Part II, S. 23-31

Kriegszeitkarteikarte für Siegfried Cohen in den Niederlanden
Kriegszeitkarteikarte für Siegfried Cohen in den Niederlanden

Cohen, Siegfried (KWG Nr. 2727), geb. 25.7.1906 in Beverungen, Sohn des Kaufmanns Martin Magni Cohen, Beverungen, aus Lamstedt stammend, und der Rosa Himmelstern aus Beverungen.
Besuch der Volksschule und der Rektoratsschule Brakel. 1921 Gründungsmitglied des Fußballvereins VfB 20 Beverungen. 1922-1923 Schüler des KWG (UII). Abgang mit der Mittleren Reife in einen praktischen Beruf, vermutlich in das Geschäft des Vaters. Die Familie flüchtete in den Jahren 1935 bis 1940 ins niederländische Exil. Siegfried emigrierte am 29.10.1935 nach Rotterdam und wohnte 1941 in Utrecht. Am 11.2.1942 iwurde er im niederländischen Durchgangslager Westerbork interniert und am 15.7.1942 nach Auschwitz deportiert. Dort zum 4.9.1942 für tot erklärt.

Albert Dillenberg 1913 in Obertertia
Albert Dillenberg 1913 in Obertertia

Dillenberg, Albert (KWG Nr. 1967), geb. 17.3.1898 in Höxter, Sohn des Handelsmanns Josef Dillenberg (Viehhändler), Höxter, Stummrigestr. 45, und der Johanna Bachmann aus Fürstenau.
Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule in Höxter 1908-1916 Schüler des KWG (VI-UI). Im November 1916 Abgang vom Gymnasium wegen Einberufung zum Heeresdienst. 1918 Rückkehr an das KWG und Ablegung des Kriegsabiturs. Ab 1922 Jura-Studium offenbar in Frankfurt, von wo er 1922 als Referendar nach Höxter zurückkehrte. Anschließend in Halle/Westf. (Referendarzeit?). Nach 1928 bis 1933/34 in Berlin. Anschließend Viehhändler im Geschäft seines Bruders Julius. Galt in Höxter als „Winkeladvokat“, da er seine juristische Ausbildung anscheinend nicht abschloss. 11.1.1936 Emigration nach Südamerika.
Die Viehhändler Dillenberg – Ovenhausen, Höxter und Fürstenau

Julius Dillenberg 1891 in Sexta
Julius Dillenberg 1891 in Sexta

Dillenberg, Julius (KWG Nr. 1085), geb. 12.11.1881 in Höxter, Sohn des Handelsmanns Josef Dillenberg (Viehhändler), Höxter, Stummrigestr. 45, und der Johanna Bachmann aus Fürstenau.
Nach der Jüdischen Schule in Höxter 1891-1895 Schüler des KWG (VI-UIII). Eintritt in den Viehhandel seines Vaters, den er nach dessen Tod 1916 übernahm. 1933 Heirat mit Hertha Weinberg (* 1902 in Herne) und Umzug nach Lütmarsen. 31.7.1937 Flucht nach Amsterdam zum Verwandten Karl Weinberg. Am 9.2.1943 Inhaftierung des Ehepaars im Sammellager Westerbork und am 21.4.1943 Deportation nach Theresienstadt. Von dort wurde Julius Dillenberg am 19.10.1944 nach Auschwitz transportiert und zum 21.10.1944 für tot erklärt. Seine gut 20 Jahre jüngere Frau Hertha entging der Vernichtung, kehrte in die Niederlande zurück und heiratete wieder.
Die Viehhändler Dillenberg – Ovenhausen, Höxter und Fürstenau

Ernst Eichwald 1954 mit seiner Frau Edith
Ernst Eichwald 1954 mit seiner Frau Edith

Eichwald, Ernst Moritz, Dr.,(KWG Nr. 936), geb. 24.9.1878 in Höxter, Sohn des Fabrikbesitzers Julius Eichwald, Gartenstr. 1, Höxter (Zementwerk) und der Julie Neuwald aus Arnsberg.
Nach der Vorschule am KWG (1884-1887) 1887-1896 Schüler des Gymnasiums (VI-OI). Abgang mit dem Abitur. Anschließend Chemiestudium und Examen. Etwa ab 1902 Chemiker bei den Portlandzementwerken in Hannover. 1905 Promotion an der Universität Marburg („Neuere Untersuchungen über die flüssigen Kristalle“). Arbeitete danach mehrere Jahre in Selby, Yorkshire (England), wo er Edith Adele Susman (1885-1973) aus Manchester) kennen lernte und 1911 heiratete. Drei Kinder: Richard, Barbara, Carel Paul. Bei Kriegsausbruch folgte er trotz Widerstands der Familie seiner Frau der Einberufung in die deutsche Armee und wurde als Leutnant mit dem EK II und I ausgezeichnet. Ab 1919 Chemiker bei der Gold- und Silber-Scheideanstalt in Frankfurt (Degussa). 1920 Umzug in ein eigenes Haus in Kronberg (Taunus). Nach Beginn des „Dritten Reiches“ trotz erschwerter Verhältnisse bis 1938 Leiter der Patentabteilung der Degussa, aber frühzeitige Rettung der Kinder ins Exil nach England. Beim Novemberpogrom 1938 rechtzeitige Zuflucht bei Nachbarn, aber Plünderung des Hauses. Nach mehreren vergeblichen Versuchen Anfang 1939 Auswanderung des Ehepaars nach England fast ohne Geld mit kaum mehr als der Kleidung auf dem Leib. Die Familie hielt sich durch die Unterstützung von Freunden und mit gelegentlichen Aufträgen alter Bekannter über Wasser, da Ernst Eichwald mit 60 Jahren lange keine Arbeit fand. Nach Kriegsberginn kurzzeitige Internierung als enemy alien auf der Isle of Man. Danach fand er eine Arbeit, die er bis zum Alter von 77 Jahren fortsetzte. Er starb 1970, seine Frau Edith 1973.
Siehe vor allem den Bericht des Enkels Derek Elwell: The Making of an Alien
Die Zementfabrikanten Eichwald und ihre Familie

Hans Eichwald 1900 beim Abitur
Hans Eichwald 1900 beim Abitur

Eichwald, Hans Robert (KWG Nr. 1086), geb. 21.12.1882 in Höxter, Sohn des Fabrikbesitzers Julius Eichwald, Gartenstr. 1, Höxter (Zementwerk) und der Julie Neuwald aus Arnsberg.
Nach der Vorschule am KWG (1888-1891) 1891-1900 Besuch des Gymnasiums (VI-OI). Abgang mit dem Abitur, um Jura zu studieren. Zeitweise (1902) in Bremen, später Kaufmann in Hannover, Eisenstr. 2 (1912). Teilnahme an der Feier zur Einweihung des neuen Gebäudes des KWG (1912). Im Ersten Weltkrieg als Gefreiter d.L. im Automobilkorps eines Korpskommandanten. Wohnte später mit seiner Frau Meta (* um 1889 in Vlotho) und der Tochter Hannah (* 1919) in Hannover, Podbielskistr. 324. Mehrfache Reisen in die USA. Am 30.9.1938 Flucht ins Exil nach Queens/New York, wohin Frau und Tochter im Juli 1939 folgen konnten und wo Hans wieder als Kaufmann arbeitete. 1954 kam er zum Besuch nach Deutschland. Er starb im Juli 1967 in Queens, New York.
Die Zementfabrikanten Eichwald und ihre Familie

Dr. Julius Frank 1966
Dr. Julius Frank 1966

Frank, Julius, Dr. (KWG Nr. 2219), geb. 13.11.1903 in Altendorf (Holzminden), Sohn des vor dem Ersten Weltkrieg nach Höxter verzogenen Pferdehändlers Gustav Frank (zunächst Corveyer Allee 13, dann Bismarckstr. 20) und seiner Frau Hedwig Baruch aus Hagen; beide am 1.8.1942 nach Warschau deportiert und ermordet.
Nach Besuch der Volksschule in Höxter 1913-1922 Schüler des KWG (VI-OI). 1920 aktive Teilnahme an einer Demonstration der Juden gegen beginnenden Antisemitismus in Höxter. 1922 Abgang mit dem Abitur und Jurastudium. Nach Staatsexamen und Promotion zum als Rechtsanwalt und Notar in Braunschweig tätig. Mitglied der SPD. Regelmäßig Verteidiger in politischen u.a. Prozessen gegen Wohlfahrtsempfänger, Streikende, Kommunisten usw. Nach Anklage wegen angeblicher Beleidigung eines Polizisten im März 1933 Verhaftung und bis zum 20.4.1933 „Schutzhäftling“ im Gefängnis Rennelberg in Braunschweig. Entlassung nach Berlin. Dort am 1.8.1933 Heirat mit Lucie Rath-Lechner (1912-1993), Flucht in die Niederlande und drei Jahre später 1936 nach Montevideo/Uruguay. Nach Wiederholung seines Examens auf spanisch ab 1955 wieder als Rechtsanwalt tätig. Ab 1957 Vertrauensanwalt der deutschen Botschaft in Montevideo zur Unterstützung deutscher Staatsbürger in juristischen Fragen. Hilfe für exilierte Juden bei Ansprüchen auf Entschädigung und Rückerstattung ihres Vermögens. Erhielt 1975 das Bundesverdienstkreuz. Seit 1977 im Ruhestand. Mehrfache Besuche in Höxter und Holzminden. Er starb am 26.1.1989 in Montevideo.
Weiteres siehe Stolpersteine für Braunschweig. Julius und Lucie Frank

Walter Fränkel 1945 im Prozess gegen den General Yamashita
Walter Fränkel 1945 im Prozess gegen den General Yamashita
Walter Fränkel 1907 beim Abitur
Walter Fränkel 1907 beim Abitur

Fränkel, Walter Kurt, Dr. (KWG Nr. 1432), geb. 22.3.1889 in Höxter, Sohn des Kaufmanns Richard Fränkel (KWG Nr. 21), Höxter, Wegethalstr. 2, und der Frieda Friedmann aus Hamburg, nach deren Tod (1890) Richard Fränkel Else Dux aus Hannover heiratete. Die Familie zog 1894 in die Gartenstr. 2.
Nach der Vorschule am KWG (1895-1897) für ein Jahr (1897-1898) Schüler der Jüdischen Schule in Höxter. Anschließend (1898-1907) Besuch des Gymnasiums (VI-OI). Abgang mit dem Abitur zum Medizinstudium in München (1907-09), Göttingen (1909-10), Berlin. Famulatur in Hannover. 1913/1914 ärztliche Staatsprüfung und Approbation in Berlin. Im Ersten Weltkrieg Bataillonsarzt, mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet. Im Okt. 1917 Promotion an der Universität Greifswald („Ueber die Hernia epigastrica mit besonderer Berücksichtigung der Einklemmung solcher Brüche“). Nach dem Krieg für eine Zeit in Düsseldorf. Danach Chirurg und Urologe in Berlin-Wilmersdorf, Pfalzburgerstr. 29. Heirat mit Gisela Haßlacher (Filmcutterin, Berlin). Verschiedene medizinische und medizinhistorische Publikationen und pharmazeutische Forschungen. Anlegung einer Sammlung wertvoller Sammlung von Gemälden, Büchern u.a. Erhielt noch 1937 (wie seine Frau) den Vaterlandsverteidiger-Orden mit einer Urkunde Hitlers und konnte unter Verweis darauf und auf das EK I nach seiner Verhaftung am Abend der Pogromnacht 1938 (Polizeipräsidium Alexanderplatz) dem Abtransport in ein KZ entgehen. Anfang 1939 Auswanderung des Ehepaars und bald danach der Schwester Alice nach Manila (Philippinen). Dort 1939-45 Dozent für Geschichte der Medizin. Am 12.2.1945 Ermordung seiner Frau und Zerstörung seines Hauses durch die Japaner. Er trug durch seine Aussagen im Prozess dazu bei, dass der verantwortliche japanische General Yamashita zum Tode verurteilt wurde. 1946 Überfahrt in die USA. Dort ab März 1946 Chirurg und Urologe in Fort Dix. Ab 1950 Medical Officer in Newark (New York). Hielt in den weiteren Jahren neben seiner Arbeit immer wieder Vorträge zur deutschen Literatur, Kunst, Kultur im deutschsprachigen „Literarischen Verein“ in New York und engagierte sich unter anderem auch im Kampf gegen die Atomrüstung. Er starb im März 1967 in Newark/USA.
Walter Fränkel im Prozess gegen den japanischen General Yamashita [Filmdokument]
Die Familie Fränkel – jüdische Bildungsbürger aus Höxter
Briefwechsel Walter Fränkels mit Prof. Dr. Dittmar, abgedruckt in: OMNIBUS. Nachrichtenblatt der Vereinigung ehemaliger Schüler des König-Wilhelm-Gymnasiums. Nr. 42-46, Weihnacht 1962, S. 30-39 sowie OMNIBUS Nr. 47-51, Weihnacht 1962, S. 21-23

Ernst Goldschmidt 1913 in Obertertia
Ernst Goldschmidt 1913 in Obertertia

Goldschmidt, Ernst (KWG Nr. 2240), geb. 1.11.1898 in Beverungen, Sohn des Kaufmanns Karl Goldschmidt und der in Münden geborenen Mathilde Hammerschlag, die wie der Sohn Opfer des Holocaust wurde.
Nach Besuch einer Privatschule in Lauenförde 1913-1915 Schüler des KWG (OIII-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis in einen praktischen Beruf. Lebte später als Büroangestellter und/oder Kaufmann in Berlin. 1928 Heirat mit Hella Goldschmidt (* 1905) aus Offenbach, 1930 Geburt der Tochter Ruth. Im Dritten Reich Emigration der Familie nach Frankreich, dort 1939 in Paris verzeichnet, von wo Ernst anscheinend einen Fluchtweg nach Afrika suchte. Nach Internierung im französischen Lager Gurs am 4.9.1942 Deportation der Familie über das Sammellager Drancy zur Ermordung nach Auschwitz.

Griesbach, Günter (KWG Nr. 3401), geb. 29.5.1917 in Beverungen, Sohn des Manufakturwarenkaufmanns Karl Griesbach, Beverungen, und der Emmi Netheim aus Höxter.
Nach Besuch der Elementarschule und der Höheren Stadtschule in Beverungen 1932-1933 Schüler des KWG (UII). Ostern 1933 Abgang mit der Mitteren Reife in einen praktischen Beruf (möglicherweise im Zusammenhang mit der Festnahme seines wegen seiner Bankgeschäfte in Beverungen unbeliebten Vaters, der im März 1933 wegen angeblicher Beteiligung an der Ermordung eines SA-Mannes aus seiner Wohnung geholt, zum Rathaus gezerrt und dort im Sitzungssaal körperlich „gezüchtigt“ wurde). Kurzzeitige Rückkehr ans KWG und endgültiger Abgang im August 1933. Nach verstärkten Bemühungen um eine Fluchtmöglichkeit ging die ganze Familie im September 1935 über Saarbrücken nach Palästina ins Exil.

Grünewald, Sally (KWG Nr. 1287), geb. 13.3.1886 in Beverungen, Sohn des Kaufmanns Cassmann Grünewald, Beverungen (Gemischtwarenhandel, Tankstelle), und der Beverungerin Dorothea Stein.
Nach Besuch der Jüdischen Schule in Beverungen 1895-1898 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang, um Kaufmann zu werden, und Eintritt in das Geschäft seines Vaters. 1907 Gründungsmitglied des Beverunger Turnvereins und später auch im Vorstand. 1913 musste der Vater Konkurs anmelden, und Sohn Sally führte das Geschäft bis ins 3. Reich weiter. 1916 Heirat mit Regina Katz (1890-1922) aus Ovenhausen, zwei Töchter (Gerda, * 1920; Ruth, * 1922). Mitglied der Feuerwehr. Nach dem Tod der ersten Frau Wiederheirat mit Else Wronke aus Göttingen (Tochter Eva, * 1924). Diese war Pianistin und Klavierlehrerin und belebte das Beverunger Gesellschaftsleben durch Unterhaltungsabende. Durfte nach dem Entzug der Unterrichtserlaubnis nur noch „Nichtarier“ unterrichten. Wegen des zunehmenden Drucks auf die Tochter Ruth durch einen Lehrer (Führer der HJ) und Ausgrenzung durch die Mitschüler 1934 Abmeldung Ruths von der Schule. 1936 Verkauf der Gemischtwarenhandlung und Auswanderung der Familie nach Argentinien. Die 1996 nach Deutschland zurückgekehrte 94-jährige Tochter Ruth kam 2016 zum Besuch nach Beverungen und sprach dort vor Schülern des Gymnasiums.

Kurt Heineberg 1926 in Obersekunda
Kurt Heineberg 1926 in Obersekunda

Heineberg, Kurt (KWG Nr. 2764), geb. 27.5.1911 in Brakel, Sohn des Kaufmanns Hugo Heineberg, Brakel, und der Else Schloss. Das Unternehmen Weiler, Heineberg, Flechtheim, genannt „Die drei Weisen“, dominierte den Getreide, Dünge- und Futtermittelhandel der Gegend.
Nach Besuch der Rektoratsschule in Brakel 1923-1930 Schüler des KWG (UIII-OI). Wehrte sich während seiner Schulzeit gegen Ansätze von Antisemitismus und brachte entsprechende Vorfälle zur Sprache. Abgang mit dem Abitur und 1931 Umzug nachBerlin, um Handelswissenschaften zu studieren. 1933 Emigration über England nach Porto Alegre/Brasilien. Seine Schwester Marga und seine Verlobte Marianne Cohn folgten im April 1936, die Eltern im März 1939. Während der Vater in Carapé (zumindest für eine Zeit) eine Schweinefarm betrieb, etablierte sich Sohn Hugo mit seiner Frau und den beiden Kindern in Porto Alegre und zeitweise in São Paolo. Er starb am 1.3.1948 in Porto Alegre..

Martin Heineberg 1926 in Untersekunda
Martin Heineberg 1926 in Untersekunda

Heineberg, Martin (KWG Nr. 2972), geb. 6.3.1911 in Brakel, Sohn des Kaufmanns Julius Heineberg, Brakel;, und der Emma Bendix aus Dülmen. Der Vater betrieb zusammen mit den ebenfalls jüdischen Kaufleuten Weiler und Flechtheim („Die drei Weisen“) in den 1920er Jahren den beherrschenden Landhandel der Region.
Nach Besuch der Rektoratsschule in Brakel 1925-1930 Schüler des KWG (OIII-OI). Zumindest in dieser Zeit Amateurfunker. Abgang mit dem Abitur, um Medizin zu studieren. Emigrierte schon im September 1933 mit seinem Bruder Oskar (KWG Nr. 2651) nach Buenos Aires/Argentinien, weil er sein Medizinstudium nicht abschließen durfte und ihm und seinem Bruder Oskar sogar verboten wurde, gemeinsame Konzerte (Klavier und Cello) zu geben. Seine Freundin Gertrud Blank (* 1922 in Holzminden) folgte im Sept. 1935. Martin reiste ihr nach Uruguay entgegen, sie fuhren zusammen mit dem Schiff nach Argentien, heirateten noch auf dem Schiff im Hafen von Buenos Aires, wodurch Gertrud die Berechtigung zur Einreise nach Argentinien bekam. Dort arbeitete Martin sein ganzes Leben lang bei der Firma Hochschild (Edelmetalle), ebenso wie sein Bruder Oskar in Bolivien und dann in Peru. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Roberto († 2005) und Gabriela. Martin Heineberg starb im Juni 1979 während eines Besuchs bei seinem Bruder Oskar in Lima (Peru). Seine Frau Gertrud starb im Nov. 2006 im Alter von 94 Jahren.

Oskar Heineberg 1926 beim Abitur
Oskar Heineberg 1926 beim Abitur

Heineberg, Oskar, Dr. (KWG Nr. 2651), geb. 15.4.1907 in Brakel, Sohn des Kaufmanns Julius Heineberg, Brakel, und der aus Dülmen gebürtigen Emma Bendix. Der Vater betrieb zusammen mit den ebenfalls jüd. Kaufleuten Weiler und Flechtheim („Die drei Weisen“) in den 1920er Jahren den beherrschenden Landhandel der Region.
Nach Besuch der Rektoratsschule in Brakel 1921-1926 Schüler des KWG (OIII-OI). Wehrte sich während seiner Schulzeit gegen Ansätze von Antisemitismus und brachte entsprechende Vorfälle zur Sprache. Abgang mit dem Abitur und Aufnahme eines Jurastudiums. Im Febr. 1930 Promotion zum Dr. jur. an der Universität Köln („Kündigungsschutz im Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter“). Niederlassung als Anwalt in Köln. Im Juni 1933 Entzug der Zulassung. Verbot, zusammen mit seinem Bruder Martin Konzerte zu geben (Klavier und Cello). Im Sept. 1933 Emigration mit Martin nach Argentinien. Gelangte über Buenos Aires nach Ariquipa, Übernahme einer leitenden Stellung bei der Firma Moritz Hochschild (Edelmetallbranche). Besaß um 1940 ein Haus mit Park. Verheiratet mit Carmen Garcia Bustamante (* 1908 in Arequipa/Peru), drei Kinder. Angesehene gesellschaftliche Stellung. Gründete als guter Musiker (Violine und Klavier) sogar einen Orchesterverein. 1952 schickte ihn der Hochschild Trust nach Lima (Peru), wo er wiederum leitende Stellungen bekleidete und sich erneut im Musikleben engagierte. Er gab der dortigen Philharmonischen Gesellschaft entscheidenden Auftrieb und stiftete den alle fünf Jahre stattfindenden Kompositionswettbewerb „Oscar Heineberg“. Er starb am 2.3.1994 in Lima.

Rudolf Herrmann 1925/26 als Mitglied der Gymnasialkapelle
Rudolf Herrmann 1925/26 als Mitglied der Gymnasialkapelle

Herrmann, Rudolf (KWG Nr. 2632), geb. 21.12.1910 in Hilden, Sohn des aus Pellingen bei Trier stammend Metzgers und Viehhändlers Heinrich Herrmann, Höxter, Wegetalstr. 7, und der Ella Franke aus Düsseldorf. Die Eltern wohnten bei der Geburt des Sohnes in Hilden, verzogen aber 1912 nach Düsseldorf und 1920 nach Höxter, wo sie sich in den folgenden Jahren trennten. Der Vater wurde 1943 in Auschwitz ermordet.
Nach der Volksschule zunächst für kurze Zeit am Realgymnasium in Hilden. 1920-1929 Schüler des KWG (VI-OI). Mitglied der Gymnasial-Kapelle (2. Piston). Abgang mit dem Abitur, um jüdische Theologie zu studieren. Zeitweise Aufenthalt in Kamen und zwei Jahre in Büren. 1936 „auf Reisen“ in Bordeaux, um Fluchtmöglichkeiten zu erkunden. Am 30.10.1936 Auswanderung mit der Mutter ins Exil nach Montevideo/Uruguay. Dort nach dem Zeugnis eines ehemaligen Klassenkameraden wohl als Rabbiner tätig. Beantragte 1953 seine Wiedereinbürgerung in Deutschland. Das Ergebnis ist nicht bekannt.
Der Viehhändler Heinrich Herrmann und seine Familie

Dr. Richard Hessberg
Dr. Richard Hessberg

Hessberg, Richard Josef, Dr. (KWG Nr. 1455), geb. 27.12.1879 in Essen, Sohn des Sanitätsrats Dr. med. Leopold Hessberg (Augenarzt), Essen, und der Laura Horn.
Besuch eines Gymnasiums in Essen, dann Privatunterricht. 1898-1899 Schüler des KWG (OII-OI). Abgang mit dem Abitur, um Medizin zu studieren, unter anderem in München (1902). Dort 1904 Promotion zum Dr. med. („Über Carcinom des Processus vermiformis“), Habilitation. Rückkehr nach Essen und Übernahme der Praxis seines Vaters. Knappschaftsarzt und zugleich ab 1913 Chefarzt der Augenklinik an den Städt. Krankenanstalten Essen (nebenamtlich, „da es für die Belegung der Klinik wünschenswert erschien, dass er seine kassenärztliche Praxis noch beibehalten konnte“). Heirat mit der Nichtjüdin Grete Koenecke aus Düsseldorf, Konversion zum Protestantismus. Drei Kinder. Mehrfach Berichterstatter bei Tagungen der Ophthalmologischen Abteilung der „Gesellschaft für Wissenschaft und Leben im rheinisch-westfälischen Industriebezirk“ (ihm gewidmete Festschrift beim 48. Deutschen Ärztetag in Essen 1929). Einsatz für die Verbesserung der medizinischen Aus- und Fortbildung und v.a. für eine bessere Förderung der Blinden. Vielfältiges politisches und literarisches Engagement: Mitglied der Deutschen Volkspartei; Mitglied des Verwaltungsrats des Kunstvereins Folkwang und Geschäftsführer der „Gesellschaft für Literatur und Theater“ in Essen; Sammler, Mitglied der Gesellschaft für Bibliophilie an (stiftete 1925 einen Brief Karl Immermanns an Heinrich Heine); 1920 wohnte Thomas Mann bei ihm. 1929 mit seiner Familie Einzug in ein von dem Bauhaus-Architekten Alfred Fischer entworfenes Haus in Essen-Bredeney (2015 abgerissen). Ende 1933 Verlust der Anstellung an der Augenklinik. 1934 Scheidung von seiner ersten Frau. Im Okt. 1938 Verlust der Approbation und der Funktion als Betriebsarzt bei Krupp. Nach der Pogromnacht bis Mitte Dezember in Haft. Während die aus „privilegierter Mischehe“ stammenden Kinder in Deutschland blieben, floh Richard nach Verkauf seines Vermögens am 18.5.1939 nach Bonstetten (Schweiz), von wo er nach Mittelamerika emigirieren wollte. Wanderte schließlich über Spanien nach Cuba aus. Wegen fehlender Arbeitsmöglichkeiten Weiterflucht in die USA, wo er weiterarbeitete. 1948 in New York Heirat mit der aus Köln stammenden Erica Nockler (Nichtjüdin), mit der er sich bereits 1935 verlobt hatte, die er jedoch wegen der nationalsozialistischen Rassengesetze nicht heiraten durfte. Betrieb ab etwa 1950 seine Rückwanderung nach Deutschland, 13.10.1952 Rückkehr nach Essen (im Ruhestand). Am 27.3.1960 in Essen gestorben.
Richard Hessberg [Wikipedia]
Martin Bach: Die Villa der Familie Dr. Hessberg in Essen-Bredeney

Hirschland, Saly Samuel (KWG Nr. 874), geb. 25.11.1871 in Steinheim, Sohn des Kaufmanns Joseph Hirschland und der in Albaxen geborenen Therese (Thelchen) Katz.
Nach der Elementarschule und der Rektoratsschule Steinheim 1886-1888 Schüler des KWG (OIII-UII). Abgang mit dem einjährig-freiwilligen Zeugnis, um Kaufmann zu werden. Später in Düsseldorf (vermutlich bei der dortigen Niederlassung der Hirschland Bank). Heirat mit Johanna Walbaum aus Rheda. 1939 Emigration mit seiner Frau in die USA.

Alex Hochfeld, Passfoto 1949  in Shanghai
Alex Hochfeld, Passfoto 1949 in Shanghai
Alex Hochfeld 1888 in Quarta
Alex Hochfeld 1888 in Quarta

Hochfeld, Alexander A(a)ron (KWG Nr. 798), geb. 26.1.1876 in Höxter, Sohn des Auktions-Kommissars Joseph Hochfeld, Höxter, aus einer seit 1810 in Höxter ansässigen jüdischen Familie und der Minna Goldschmidt aus Lippspringe.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1885-1891 Schüler des KWG (VI-UIII). Später Kaufmann in Hamburg, wohin auch andere Mitglieder der Familie verzogen waren. Verheiratet mit Selma Kalkstein (* 1879 in Renkau), zwei Kinder: Josef (1912-2014) und Erna (* 1914). Im Sept. 1940 mit seiner Frau Emigration nach Tientsin/China ins Exil. Von dort gelangten sie im Sept. 1950 über Yokohama nach San Francisco/USA, wo Alex Hochfeld am 27.3.1951 starb, seine Frau am 24.11.1955. Der Sohn Josef emigrierte im Jan. 1939 als Apothekerassistent nach Tientsin und und von dort im Febr. 1948 mit seiner aus Wuppertal stammenden Frau Hanna Norden (* 1919) und dem 1945 in Tientsin geborenen Sohn Frank Robert nach San Francisco, wo er 2011 starb. Die mit Berl Dankowitz (* 1890) verheiratete Tochter Erna floh nach Belgien, wurde aber von dort 1942 mit Mann und Tochter Solange (* 1941) über die Kazerne Dossin zur Vernichtung nach Auschwitz deportiert.
Juden der ärmeren Schicht – die Familie Hochfeld

Julius Hochfeld um 1925
Julius Hochfeld um 1925
Julius Hochfeld 1891 in Quinta
Julius Hochfeld 1891 in Quinta

Hochfeld, Julius Salomon (KWG Nr. 997), geb. 4.3.1880 in Höxter, Sohn des Auktions-Kommissars Joseph Hochfeld, Höxter, aus einer seit 1810 in Höxter ansässigen jüdischen Familie und der Minna Goldschmidt aus Lippspringe.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1889-1894 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang wegen „Faulheit“ und zweifacher Nichtversetzung mit der Absicht, Kaufmann zu werden. Machte dann aber eine Maschinenbaulehre bei der Firma Gessmann in Höxter und der Maschinenfabrik Beck & Henkel in Kassel. Danach Besuch der Maschinenbauschule in Holzminden und anschließend der Schiffsingenieurschulen in Bremen und Hamburg, Abschluss mit dem Ingenieursexamen. Danach 16 Jahre lang Maschinist und Schiffsingenieur des Norddeutschen Lloyd in Emden und der Norddeutschen Cabelgesellschaft in Nordenham. Gehörte am 30.6.1900 zur Besatzung der bei einem Brand gesunkenen SS Main des Norddeutschen Lloyd in den New Yorker Docks. Im 1. Weltkrieg zur Kriegsmarine eingezogen. Danach vier Jahre lang Ingenieur und technischer Zeichner bei der Maschinenbaufabrik Menk & Hambrock in Hamburg-Altona. 1923 Gründung einer eigenen Fabrik für Büromöbel und Zubehör in Hamburg. Verheiratet mit Rosa Bergmann (* 1889) aus Wien, keine Kinder. Erzwungene Aufgabe der Firma im Herbst 1938 und am 9.12.1938 Emigration mit seiner Frau nach New York. Arbeitete als Hafeningenieur, Schiffsbauer, technischer Zeichner an verschiedenen Arbeitsstellen. Er starb am 1.3.1959 in New York, seine Frau im Febr. 1978.
Juden der ärmeren Schicht – die Familie Hochfeld

Albert Hochheimer
Albert Hochheimer

Hochheimer, Albert (KWG Nr. 2453), geb. 5.5.1900 in Steinheim, Sohn des Getreidehändlers Siegfried Hochheimer, Marktstraße, Steinheim, und der aus Driburg gebürtigen Rosa Jakobsberg.
Nach Besuch einer Privatschule in Meinberg 1917-1918 Schüler des KWG (UII-OII). Abgang als Einjährig-Freiwilliger und Einberufung zum Heeresdienst. Nach dem Krieg zunächst Wareneinkäufer in Köln, offenbar Ablegung des Abiturs und 1922-1924 Volkswirtschaftsstudium in Köln. In diesem Zeitraum und danach verschiedene berufliche Tätigkeiten (Werkstudent, Teppich- und Gardineneinkäufer in Köln, und schließlich Fabrikant für Lederwaren in Offenbach). Heirat mit einer Nichtjüdin (Tochter Erika). 1938 Auswanderung mit der Familie nach Holland, von dort 1939 weiter nach Paris, wo er erneut eine Lederwarenfabrik betrieb. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich 1940 Meldung zur Fremdenlegion nach Afrika, wodurch er der Deportation in ein Internierungslager entging. 1942 Flucht aus der Legion und Niederlassung in der Schweiz, wo er Frau und Tochter wiedertraf, die kurzzeitig in einem Lager bei Lyon interniert waren. Nach Scheidung später zweite Heirat, ebenfalls mit einer Nichtjüdin (Tochter Doris). Nach dem Kriege lebte Hochheimer in Paris und Lyon, dann ab 1950 als Schriftsteller (Pseudonym: Bert Jorat) in der Schweiz (Tessin). 47 Bücher, zumeist Jugend- und Kinderbücher, geschichtliche Romane, deren Personen oft Steinheimer Namen tragen, Reiseerzählungen; zahlreiche Zeitungsartikel und kleinere Arbeiten; rund ein Dutzend Hörspiele im Radio Beromünster. Mitglied des PEN-Clubs London und im Vorstand des Schutzverbandes deutschsprachiger Schriftsteller. Seine Bücher wurden ins Holländische, Französische, Italienische, Spanische, Ungarische, Serbokroatische übersetzt. Am 28.9.1976 in der Schweiz verstorben.
Albert Hochheimer [Wikipedia]
Weitere Informationen siehe: „Mitteilungen des Kulturausschusses der Stadt Steinheim“, Heft 7, Frühjahr 1971; Johannes Waldhoff: „Die Geschichte der Juden in Steinheim“, Heimatverein Steinheim, 1980, S. 273 ff.

Hermann Kaufmann in späteren Jahren
Hermann Kaufmann in späteren Jahren

Kaufmann, Hermann (KWG Nr. 1838), geb. 24.9.1897 in Alsdorf, Sohn des Kaufmanns Moses Kaufmann, Marktstr. 27, Höxter, und der aus Eberschütz gebürtigen Berta Blankenberg. Die Familie betrieb seit 1900 ein Schuhgeschäft, bot aber auch Herren- und Knabenbekleidung an. Die Mutter wurde am 31.7.1942 von Höxter nach Theresienstadt deportiert und dort am 30.11.1942 ermordet.
Nach der Evangelischen Bürgerschule 1906-1912 Schüler des KWG (VI-UIII). Nach zweimaliger Nichtversetzung Abgang auf eine andere Schule. Im Ersten Weltkrieg als Soldat mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Danach Handlungsgehilfe im elterlichen Geschäft. Mitglied im Fußballverein (Mittelstürmer). Führte nach dem Tod des Vaters das Geschäft weiter. 1931 Heirat mit Lilly Wolf (* 1905) aus Bad Schwalbach, 1931 Geburt der Tochter Liane. In der Pogromnacht 1938 Zerstörung der Schaufenster, Inhaftierung in Buchenwald bis zum 12.1.1939. Arisierung des Geschäfts und Übernahme durch ehemalige Angestellte. Verkauf des Hauses und erzwungener Umzug in die oberste Etage. Am 8.8.1939 Flucht Hermann Kaufmanns nach England, am 4.8.1940 weiter in die USA. Frau und Tochter folgten über Frankreich und Spanien im Juli 1941. Die Familie lebte in Hartford von einem Billigladen (5-and-10-cent-store), verkaufte ihn 1960 und zog wegen Hermanns Asthma um 1970 nach Dade (Florida), wo er im März 1981 starb. Seine Frau kam mehrfach zu Besuchen nach Höxter und starb 2003.
Familie Kaufmann – Schuhe und Herrenkonfektion

Kleeberg, Salli (KWG Nr. 837), geb. 1.7.1876 in Boffzen, Sohn des aus Bösingfeld stammenden Viehhändlers David Kleeberg, Boffzen und der Minna Lebenbaum aus Boffzen. Im Haus der Familie Kleeberg befand sich der jüdische Gebetssaal.
Nach der Vorschule (1885-1886) am KWG 1886-1890 Schüler des Gymnasiums (VI-UIII). Abgang wegen eines Augenleidens, vermutlich Übergang zu einer anderen weiterführenden Schule (wird später wegen seiner Sprache und seines gesellschaftlichen Auftretens als auffallend gebildet bezeichnet). Um 1910 Heirat mit Cilly Stein (* 1878 in Grebenau) und Ansiedelung in Lauterbach (Hessen). 1912 Geburt des Sohns Walter. Sehr agiler und erfolgreicher Geschäftsmann, bereits nach wenigen Jahren Kauf eines Haus und Einrichtung eines Geschäfts, das er zunächst zusammen mit seinem Schwager führte (Kleiderstoffe und Raumausstattungs-Materialien, z. B. das damals modische Linoleum). Besaß als einer der wenigen Geschäftsleute in Lauterbach ein eigenes Auto, einen Opel P 4, mit dem er (auch noch nach 1933) seine Einkäufe in Frankfurt tätigte. Gewann sehr schnell das Ansehen der dortigen Geschäftsleute und Fabrikanten, Mitglied im Handelsverein und im Vorstand der jüdischen Gemeinde. Das Schicksal der Juden ahnend, verkaufte er seinen Warenbestand in der Dämmerung und emigrierte noch vor der Progromnacht 1938 mit seiner Familie nach Palästina. Dort Gründung einer Hühnerfarm. 1958 Besuch in Boffzen und Höxter.
Die Familien Kleeberg in Boffzen und Amelunxen

Hermann Lebenbaum 1901 in Quinta
Hermann Lebenbaum 1901 in Quinta

Lebenbaum, Hermann (KWG Nr. 1436), geb. 17.11.1888 in Höxter, Sohn des aus Boffzen stammenden Häute- und Fellhändlers Seligmann Lebenbaum, Höxter, und der Bertha Grunsfeld aus Werne.
Nach Besuch der jüdischen Schule Höxter 1898-1903 Schüler des KWG (VI-IV). Abgang nach wiederholter Nichtversetzung und Eintritt in das Geschäft des Vaters, das er mit seinem Bruder Sally und der Schwester Selma Anfang der 1920er Jahre nach dem Tod der Eltern übernahm und bis etwa 1926/27 fortführte. Nach Konkurs des Geschäfts Anfang 1927 Umzug nach Hannover. Im Dritten Reich offenbar wie andere Verwandte nach Südamerika (Uruguay?) emigriert. Vermutlich identisch mit dem am 9.7.1945 in Santiago/Chile gestorbenen Hermann Lebenbaum.
Die Häute- und Fellhändler Lebenbaum in Höxter und die Familie Lebenbaum in Boffzen

Karteikarte für Iwan Lebenbaum in Buchenwald
Karteikarte für Iwan Lebenbaum in Buchenwald

Lebenbaum, Iwan (KWG Nr. 1969), geb. 25.5.1899 in Boffzen, Sohn des Fruchthändlers Guido Lebenbaum, Boffzen, und der Henny Kugelmann aus Bodenfelde. Die Eltern gingen im „3. Reich“ nach Palästina ins Exil.
Nach Besuch der Volksschule (vermutlich in Boffzen) 1908-1915 Schüler des KWG (VI-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen Zeugnis in einen praktischen Beruf, wohl zunächst nach Frankfurt. Von dort 1924 als Bankier nach Braunschweig und Mitinhaber des Bankhauses Reis. Heirat mit Anna Kugelmann (* 1905 in Aschersleben), zwei Töchter, Ruth (* 1927) und Lore (* 1932). August 1933 bis Oktober 1934 Inhaftierung in der Untersuchungshaftanstalt Rennelberg (Braunschweig) und im Gerichtsgefängnis Hannover. Umzug seiner Frau im Herbst 1933 mit den Töchtern zu ihren Eltern nach Aschersleben. Nach Iwans Entlassung Ende November Umzug nach Berlin-Schönefeld. Von Juli bis September 1938 Inhaftierung Iwans im KZ Buchenwald. Noch 1938 Flucht in die USA. Nach 1945 Rückkehr nach Deutschland. Am 23.7.1980 in Hamburg verstorben.
Die Häute- und Fellhändler Lebenbaum in Höxter und die Familie Lebenbaum in Boffzen

Lebenbaum, Sally (KWG Nr. 1859), geb. 18.3.1896 in Höxter, Sohn des aus Boffzen stammenden Häute- und Fellhändlers Seligmann Lebenbaum, Höxter, und der Bertha Grunsfeld aus Werne.
Nach Besuch der Töchterschule in Höxter 1906-1912 Schüler des KWG (VI-UIII). Abgang in das Geschäft, das er mit seinem Bruder Hermann und der Schwester Selma Anfang der 1920er Jahre nach dem Tod der Eltern übernahm und bis etwa 1926/27 fortführte. Nach Konkurs des Geschäfts im Februar 1926 Umzug nach Hannover. Ab 1929 „auf Reisen“, unter anderem in Leipzig und Berlin. Verheiratet mit Berta Isaak. Zum 14.2.1939 gemeinsame Emigration nach Argentinien. Seine Frau starb am 29.6.1946 im Buenos Aires, Sally am 6.6.1964.
Die Häute- und Fellhändler Lebenbaum in Höxter und die Familie Lebenbaum in Boffzen

Hartwig Löwenherz um 1930
Hartwig Löwenherz um 1930
Hartwig Löwenherz 1913 in Untersekunda
Hartwig Löwenherz 1913 in Untersekunda

Löwenherz, Hartwig Otto, Dr. (KWG Nr. 2189), geb. 17.11.1898 in Lauenförde, Sohn des Kommerzienrats Hermann Löwenherz und der Toni Lichenheim aus Dargun (Mecklenburg). Hermann Löwenherz betrieb in Lauenförde eine Holzhandlung und gründete die heute noch bestehende HERLAG (HErmann Löwenherz AG).
Nach Besuch einer privaten (Aufbau-)Schule in Lauenförde 1912-1916 Schüler des KWG (OIII-OI). Notabitur und Einberufung zum Heeresdienst. Nach dem Krieg Studium an der TH Hannover, Examen als Maschinenbauingenieur, 1926 Promotion („Außenhandelsbedingtheiten der deutschen Glasindustrie“). Anfang der 1930er Jahre Heirat mit Lotte Löwenstein (* 1909) aus Düren, zwei Töchter (Margot und Eva). Eintritt als Ingenieur in die Maschinenfabrik und Eisengießerei Gebr. Hannemann & Cie in Düren-Rölsdorf (der Schwiegervater Hermann Löwenstein war Miteigentümer), Procura. 1938 Arisierung, Diffamierung des Firmenbesitzers (mit seiner Frau im Holocaust ermordet). Hartwig Löwenherz blieb 1938 auf einer Geschäftsreise in Schweden, seine Frau folgte mit den Töchtern. Er starb am 25.11.1956 in Schweden.
Astrid Lindgren setzte der Familie Löwenherz aus Lauenförde mit ihrem Jugendbuch „Villa Löwenherz“ ein Denkmal.
Ableger der Lauenförder Familie Löwenherz in Höxter

Oskar Löwenherz um 1930
Oskar Löwenherz um 1930
Oskar Löwenherz 1913 in Untertertia
Oskar Löwenherz 1913 in Untertertia

Löwenherz, Oskar Heinrich (KWG Nr. 2246), geb. 18.7.1900 in Lauenförde, Sohn des Kommerzienrats Hermann Löwenherz und der Toni Lichenheim aus Dargun (Mecklenburg). Hermann Löwenherz betrieb in Lauenförde eine Holzhandlung und gründete die heute noch bestehende HERLAG (HErmann Löwenherz AG).
Nach Besuch einer privaten (Aufbau-)Schule in Lauenförde 1913-1917 Schüler des KWG (UIII-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen Zeugnis, um eine Bankausbildung zu machen. Später zunächst Eintritt in die elterliche Firma. 1928 Heirat mit der amerikanischen Schauspielerin und Opernsängerin Florence Webb (* 1900), zwei Töchter (Renate und Vera). 1930 Austritt aus der HERLAG und Gründung eines eigenes Unternehmen mit Möbeln Lauenförder Tischler, die er aus seinem Lager an der Weserbrücke vertrieb. 1934 Flucht nach Holland. 1938 mit Steuersteckbrief wegen Hinterziehung der sog. „Reichsfluchtsteuer“ gesucht. 10.5.1939 Weiterflucht in die USA, wohin ihm seine Frau vorangegangen war. Die Kinder folgten am 5.7.1939. Er nahm 1941 bei der Einbürgerung den Namen Webb seiner Frau an. Dort später Anmeldung von zwei Patenten für Spieltische aus Holz. 1956 in New York verstorben. Seine Frau kam 1982 mit Nachkommen zum Besuch nach Lauenförde. Sie starb 1986 in Auburn, New York.
Ableger der Lauenförder Familie Löwenherz in Höxter

Löwi, Herbert Siegfried (KWG Nr. 2655), geb. 20.4.1909 in Brakel, Sohn des Viehhändlers Siegmund Löwi, Brakel, und der Klara Levisohn.
Nach Volksschule und Rektoratsschule in Brakel 1921-1924 Schüler des KWG (V-UII). Anfang 1924 Abgang in einen praktischen Beruf, möglicherweise in den Handel des Vaters. Für die weiteren Jahre fehlen Informationen. Am 23.5.1937 Emigration nach Atlanta/USA. Lebte später in Monmouth/New Jersey, von wo er 1959 beim Kreis Höxter um Wiedergutmachung einkam, wofür ihm das KWG ihm eine Schulbescheinigung ausstellte. Er starb am 1.12.1959 in Atlanta.

Mannsbach, Fritz (KWG Nr. 2342), geb. 20.8.1903 in Beverungen, Sohn des Kaufmanns Hermann Mannsbach (Fellhandlung), Beverungen, und dessen erster Frau Grete Salomonson, nach deren Tod der Vater Martha Davids heiratete. Beim Novemberprogrom 1938 wurde er mit den anderen Juden in der ungeheizten Waschküche eines baufälligen Gebäudes hinter dem Rathaus eingesperrt, am nächsten Tag nach Hinweisen seiner Frau auf seinen bedrohlichen Gesundheitszustand freigelassen. Die beiden wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert. Hermann Mannsbach starb nach Kriegsende an den Haftfolgen. Seine Frau wanderte 1948 zu ihrem Bruder nach Rhodesiens aus.
Nach der Höheren Privatschule Lauenförde 1915-1918 Schüler des KWG (IV-OIII). Abgang auf ein Gymnasium in Gießen. Arbeitete danach im Fellhandel des Vaters (bestand noch bis April 1939). Am 7.1.1939 über Bremen nach Beira, Mosambik, emigriert. In den folgenden Jahren als Fell- und Viehhändler tätig.

Meinberg, Otto (KWG Nr. 2456), geb. 15.3.1903 in Gütersloh, Sohn des Viehhändlers Felix Meinberg, Brakel, und der Sophie Berla (vermutlich aus Hamm). Die Familie zog nach Brakel.
Nach der Volksschule und der Rektoratsschule in Brakel 1917-1921 Schüler des KWG (UII-OI). Abgang mit dem Abitur. Weitere berufliche Ausbildug unbekannt (Studium an einer Bauschule?). In den 1930er Jahren als Kaufmann und Reisender in Hamm gemeldet. 1935 Heirat mit der Kaufmannstochter Irene Bornheim (* 1907) aus Oerlinghausen, deren Vater im August 1938 mit Tochter und Schwiegersohn nach Montevideo/Uruguay emigrierte. Otto Meinberg starb dort offenbar in den folgenden Jahren, denn seine Witwe Irene Bornheim-Meinberg heiratete 1945 den 1940 aus Karlsruhe emigrierten Willy Lieber (* 1898 in Bühl).

Alfred Michaelis 1933 mit seiner Frau Paula
Alfred Michaelis 1933 mit seiner Frau Paula

Michaelis, Alfred, Dr. (KWG Nr. 623), geb. 19.3.1873 in Köln, Sohn des Kaufmanns Michael (Emil) Michaelis, Köln, und der aus Höxter gebürtigen Goldine (Goldchen, Jule) Steinberg.
Nach der Jüdischen Schule Höxter 1882-1891 Schüler des KWG (VI -OI). Nach Jurastudium und Promotion ab 1906 Rechtsanwalt und Notar in Hamm, Heirat mit Paula Liebenfeld aus Bochum, vier Kinder. 1910 Veröffentlichung „Die Rechtsverhältnisse der Juden in Preußen seit dem Beginne des 19. Jahrhunderts“. Gesellschaftliches Engagement und vielseitige künstlerische und literarische Interessen. 1933 Verlust der Zulassung als Anwalt und Notar, zeitweise Inhaftierung in Bergkamen. Ausbruch der Parkinsonschen Krankheit. In der Pogromnacht Verwüstung der Wohnung, Zerstörung der Kunstsammlung, Inhaftierung im Polizeigefängnis. Im Juni 1939 Emigration nach Südafrika. Dort am 20.4.1943 gestorben.
Alfred Michaelis – Jurist und Literat
Weitere Informationen: Mechthild Brand: „Geachtet – geächtet. Aus dem Leben Hammer Juden in diesem Jahrhundert“, Hamm 1991, S. 118-127

Max Netheim 1907 beim Abitur
Max Netheim 1907 beim Abitur
Max Netheim 1901 in Untertertia
Max Netheim 1901 in Untertertia

Netheim, Max, Dr. (KWG Nr. 1438), geb. 5.4.1889 in Höxter, Sohn des Prokuristen Philipp Netheim, der zusammen mit seinem Bruder Levi in Höxter, Westerbachstr. 14 ein Bekleidungsgeschäft führte, und der Rosalie Albert aus Aachen. In dem Haus fanden ab 1906 die Versammlungen des seit 1869 bestehenden „Israelitischen Frauenvereins“ statt, der den Zweck hatte, ältere bedürftige Jüdinnen der Gemeinde bis zum Tod zu pflegen und sich um ihre Bestattung zu kümmern, aber im Rahmen der Möglichkeiten auch Nicht-Juden unterstützen wollte.
Nach der jüdischen Schule Höxter 1898-1907 Schüler des KWG (VI-OI). Abgang mit dem Abitur, um Jura zu studieren, u.a. in Erlangen. Dort 1912 Promotion („Das Wesen des Schiffsgläubigerrechts…“). 1912 als Referendar in Altona Teilnahme an der Einweihung des neuen KWG-Gebäudes an der Bismarckstraße. Im Ersten Weltkrieg Kriegsfreiwilliger (Garde-Train-Bataillon). Danach Niederlassung als erfolgreicher Rechtsanwalt und Notar in Osnabrück. Mitbesitzer eines Tennisplatzes. In Höxter Besitzer des Hauses Westerbachstr. 14. Im Herbst 1922 Heirat mit Brunhilde (Hilde) Kaiser aus Vöhl (Bezirk Kassel), Kinder Marianne (* 1923) und Eva Helene, (* 1927). Nach 1933 Ablehnung der Tochter Marianne am Gymnasium, schließlich doch Aufnahme, weil der Vater Frontkämpfer war. 1933 vom Stürmer unterstützte Kampagne gegen Max Netheim, der bereits während seines Studiums einer zionistischen Studentenvereinigung angehört hatte und in Osnabrück Vorsitzender der zionistischen Ortsgruppe war. Mitglied im Vorstand der jüdischen Gemeinde. 1933 Entzug des Notariats. Nach der Pogromnacht 1938 zeitweise Inhaftierung. Emigration mit der Familie in die Niederlande (Flüchtlingslager in Rotterdam), von dort am 13.1.1939 in die USA. Betrieb in Flushing, Long Island, New York, eine Hühnerfarm. Er starb 28.5.1949 in New Jersey, seine Frau Hilde am 10.2.1994 in New York.
Die Kaufmannsfamilie Netheim in Ottbergen und Höxter

Karl Paradies um 1900
Karl Paradies um 1900

Paradies, Karl (KWG Nr. 338), geb. 11.5.1864 in Oerlinghausen, Sohn des Kaufmanns Jacob Paradies, Oerlinghausen, Philosophenweg 350, und der Antonie Schöneberg aus Salzkotten. Die Familie führte in Oerlinghausen bereits seit 1824 ein Textilgeschäft.
Nach Besuch der Rektoratsschule in Oerlinghausen 1876-1878 Schüler des KWG (VI-IV). Wohnte in dieser Zeit bei seinem Onkel Julius, Wegethalstr. 4/6. Abgang auf eine Realschule in Bielefeld. Wegen eines besonderen Abkommens zwischen Lippe und Preußen vom Militärdienst befreit. Eintritt in das Bekleidungsgeschäft seines Vaters, das er später übernahm und fast 50 Jahre lang leitete. 1906 Heirat mit Bertha Erda (* 1879) aus Detmold. Der Sohn Rudolf (* 1912) machte in Chemnitz eine Ingenieursausbildung. 1935 Aufgabe des Geschäfts und Umzug nach Bielefeld. Rudolf emigrierte 1937 nach Manila (Philippinen) zu dem dort lebenden Verwandten Siegmund. Karl und Bertha Paradies folgten am 21.1.1939. Sie gingen von dort 1945 in die USA, wo Karl Paradies am 2.2.1950 in Oakland starb, seine Frau Bertha am 11.08.1952.
Der Bauschullehrer Julius Paradies und seine Familie

Jacob Pins 1994 als Ehrenbürger von Jerusalem
Jacob Pins 1994 als Ehrenbürger von Jerusalem
Jacob Pins 1933 beim Erhalt der Mittleren Reife am KWG
Jacob Pins 1933 beim Erhalt der Mittleren Reife am KWG

Pins, Jacob (früher: Otto) (KWG Nr. 3072), geb. 17.1.1917 in Höxter, Sohn des aus Dülmen gebürtigen Tierarzts Dr. Leopold Pins, Marktstr. 11, Höxter, und der in Fürstenau geborenen Ida Lipper, die das Textilwarengeschäft der Familie weiterführte. Die Eltern wurden am 13.12.1941 nach Riga deportiert und dort Ende Juli 1944 ermordet. Die Eltern Dr. Leo Pins und Ida geb. Lipper
Nach der Bürgerschule Höxter 1927-1933 Schüler des KWG (VI–OII). Abgang wegen zunehmenden Drucks auf die Juden. Jan. 1935 – Aug. 1936 Hachschara-Lager in Stettin. Im Aug. 1936 Emigration über Marseille nach Palästina. Dort bis 1941 in einem Kibbuz. Nach Polioerkrankung und Aufgabe des Kibbuz Studium der Malerei und Graphik bei dem aus Berlin emigrierten Prof. Jakob Steinhardt in Jerusalem. 1945 erster Erfolg mit einer Ausstellung von Holzschnitten. 1949 Mitbegründer des Jerusalemer Künstlerverbandes. 1952 Illustration der hebräischen Ausgabe von Kleists „Michael Kohlhaas“. Zahlreiche Ausstellungen in Nord- und Südamerika, Europa und Australien. 1957 Ohara-Preis der Biennale für Graphik in Tokio. 1961 Jerusalem-Preis. Seit 1956 Lehrer an der Bezalel Akademie für Kunst und Design in Jerusalem. 1978 Verleihung der Professur. 1994 Ehrenbürger von Jerusalem.
1957 erster Besuch in Höxter. Erneut 1967 und 1970 zur Ausstellung seiner Holzschnitte im Kunstkabinett Henze. Nov. 1988 Besuch der Austellung „Juden in Höxter“ anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht, dabei auf einem Foto Entdeckung seines Vaters bei der Deportation auf dem Bahnhof in Bielefeld. Sommer 1989 Werkretrospektive in Corvey. Im Juni 1999 offizieller Empfang und Eintragung in das Goldene Buch der Stadt. Im Sept. 2002 Stiftung seines künstlerischen Nachlasses an die Stadt Höxter zur Erinnerung an seine im Nazi-Regime ermordeten Eltern. Am 15.11.2003 Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Höxter. Jacob Pins starb am 4.12. 2005 in Jerusalem.
Seit April 2008 werden in dem nach ihm benannten Forum Jacob Pins im ehemaligen Adelshof Heisterman von Ziehlberg in Höxter in wechselnden Ausstellungen die Werke von Jacob Pins, aber auch die anderer Künstler gezeigt, ergänzt durch ein reichhaltiges Veranstaltungspogramm.
Biographie Jacob Pins

Rudi Pins 2008 bei der Einweihung des Forums Jacob Pins
Rudi Pins 2008 bei der Einweihung des Forums Jacob Pins
Rudi Pins 1934 vor der Abreise in die USA
Rudi Pins 1934 vor der Abreise in die USA

Pins, Rudolf (Rudi) (KWG Nr. 3272), geb. 27.4.1920 in Höxter, Sohn des aus Dülmen gebürtigen Tierarzts Dr. Leopold Pins, Marktstr. 11, Höxter, und der in Fürstenau geborenen Ida Lipper, die das Textilwarengeschäft der Familie weiterführte. Die Eltern wurden am 13.12.1941 nach Riga deportiert und dort Ende Juli 1944 ermordet. Die Eltern Dr. Leo Pins und Ida geb. Lipper
Nach der Bürgerschule Höxter 1930-1934 Schüler des KWG (VI-OIII). Emigrierte am 28.11.1934 mit einem Kindertransport in die USA , wo er zu einer Familie in Cleveland kam. Im 2. Weltkrieg im geheimen Fort Hunt (PO Box 1142) Interrogator für gefangene deutsche und japanische Offiziere und Wissenschaftler, um sie über die deutschen Kriegspläne und Waffenentwicklungen zu befragen. 1946-1948 Interrogator bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen. In dieser Zeit Besuch in Höxter. Danach Mitarbeiter der „Yellow Pages“ in Washington und dann bis zu seiner Pensionierung 1988 im Dienste des amerikanischen State Departement tätig. In den folgenden zehn Jahren in beratender Funktion in der amerikanischen Tourismusbranche mit regelmäßigen Besuchen von Reisemessen in Deutschland. 2010 Umzug von New York nach Hawaii, wo er am 23.4.2016 starb.
Rudolph Pins – als Jugendlicher in die USA
Rudy Pins: Erinnerungen 1920-1948

Karteikarte für Siegfried Rose in den Niederlanden
Karteikarte für Siegfried Rose in den Niederlanden

Rose, Siegfried Fritz (KWG Nr. 2116), geb. 26.11.1901 in Höxter, Sohn des in Brenkhausen geborenen Kaufmanns Emil Rose und der aus Madfeld stammenden Fanny Löwenbach. Der Vater führte in der Marktstraße in Höxter ein Putzwarengeschäft.
Nach der Evangelischen Volksschule 1911-1918 Schüler des KWG (VI-UII). Abgang mit dem einjährig freiwilligen Zeugnis „ins bürgerliche Leben“. Anscheinend zumindest zeitweise in Saarbrücken (1947 Auseinandersetzung über ein Grundstück). Im Dritten Reich Flucht als Kaufmann in die Niederlande (wohl zu Verwandten seiner Mutter). Zeitweise in Amsterdam und in Eindhoven. Heirat mit Käthe (Nachname unbekannt), Scheidung. Am 21.2.1947 Auswanderung als „manufacturer“ in die USA. Am 15.8.1992 in Santa Monica, Kalifornien, gestorben.
Schuhe, Hüte, Putzsachen – die Familie Rose

Der Grabstein für Walter Rose in Los Angeles
Der Grabstein für Walter Rose in Los Angeles
Walter Rose 1913 in der Obertertia
Walter Rose 1913 in der Obertertia

Rose, Walter Josef (KWG Nr. 2024), geb. 2.7.1899 in Höxter, Sohn des in Brenkhausen geborenen Kaufmanns Emil Rose und der aus Madfeld stammenden Fanny Löwenbach. Der Vater führte in der Marktstraße in Höxter ein Putzwarengeschäft.
Nach der Evangelischen Volksschule Höxter 1909-1915 Schüler des KWG (VI-UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis in einen „praktischen Beruf“. Wurde Bankier in Nienburg. Er blieb ledig. Am 21.4.1938 mit seiner Mutter Emigration in die USA nach New York. Am 1.11.1950 in Los Angeles gestorben. Die Mutter starb 1952 in Los Angeles.
Schuhe, Hüte, Putzsachen – die Familie Rose

Rosenbaum, Albert (KWG Nr. 2880), geb. 18.1.1908 in Udorf, Sohn des Gastwirts Max Rosenbaum, Udorf, und der Minna Kleinstraß aus Bredenborn. Der Vater starb 1929. Alberts jüngerer Bruder Ernst wurde nach der Pogromnacht im Nov. 1938 im KZ Buchenwald ermordet. Die Schwester Hilde entkam in die USA. Die Mutter ist im Zwangsarbeitslager Zamosc verschollen.
Besuchte nach der Volksschule die Rektoratsschule in Brakel. 1924/25 Schüler des KWG (UII). Abgang mit der Mittlere Reife in den Kaufmannsberuf, vermutlich um eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren. Bis 1929 in Hamm, wo sein Onkel Dr. Josef Kleinstraß als Arzt lebte. In der Folgezeit mehrfache Ortswechsel (Hamm, Udorf, Kassel, Udorf). Okt. 1929 Ummeldung nach Wiesbaden. Schon früh Emigration nach Palästina, Dort oder schon vorher Heirat mit Martha Nathan (1907-1985), Sohn Micha (* 1935). Albert Rosenbaum starb 1975 in Tel Aviv.

Louis Rosendahl um 1950
Louis Rosendahl um 1950

Rosendahl, Louis Levi, Dr. (KWG Nr. 1209), geb. 29.5.1877 in (Dortmund-)Aplerbeck, Sohn des Spezereihändlers Michael Rosendahl, Aplerbeck, und der Friederike (Rika) Fischbein aus Erwitte. Der Vater war zugleich Handelsmann und Metzger. Das Ehepaar hatte neben Levi zwei ältere Töchter.
Nach der Elementarschule Aplerbeck und der dortigen Rektoratschule 1893-1894 Schüler des KWG (UII-OII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen Zeugnis zunächst auf ein Gymnasium in Arnsberg. Mochte danach „nicht mehr die Schulbank drücken“, sondern wurde Zahnarzt (damals noch ohne Abitur möglich). Einjähriges Praktikum in Essen, dann ab 1897 Studium in München, ab 1898 in Leipzig. Im Juni 1899 Examen. Okt. 1899 – Sept. 1900 Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger in Münster, als Jude nicht in die Offizierslaufbahn aufgenommen. Bis 1902 Assistenzzeit in Göppingen, dann in Bremen. Dort Behandlung der 12-jährigen Johanna Davidsohn, seiner späteren Frau. 1902 Niederlassung als Zahnarzt in Düsseldorf. Nach und nach blühende Praxis. Zahlreiche gesellschaftliche Kontakte, vielfältige Urlaubsreisen. Im Ersten Weltkrieg aus gesundheitlichen Gründen kein Frontdienst, sondern Garnisonsarzt in Düsseldorf. 1918 Wiederbegegnung mit Johanna Davidsohn, im April 1919 Heirat (Tochter Gerda, * Aug. 1920). Entwicklung der Praxis und Kauf eines Hauses. Anfang der 1920er Jahre Nachholung der Promotion („Beiträge zur Atrophie der Pulpa“). Berufliche Einschränkungen nach 1933. Die Tochter Gerda ging 1936 zum weiteren Schulbesuch nach England, wo Louis sich vergeblich um eine Arbeitserlaubnis bemühte. Versteckt im Nachbargarten beobachteten die Rosendahls in der Pogromnacht 1938 verzweifelt, wie ihr Haus von oben bis unten verwüstet wurde. Zeitweiliges Untertauchen, um der Inhaftierung im Konzentrationslager zu entgehen. Im Dez. 1938 Erhalt eines Permits für England, weil eine englische Familie die notwendigen Garantien übernahm. Nach Zahlung der „Reichsfluchtsteuer“, Verkauf des Hauses usw. 1939 Emigration nach England und später weiter in die USA, wo Louis am 7.3.1958 in Shreveport/Louisiana starb.

Otto Sommer 1914 beim Abitur am KWG
Otto Sommer 1914 beim Abitur am KWG

Sommer, Otto, Dr. (KWG Nr. 2037), geb. 10.8.1895 in Brakel, Sohn des Kaufmann August Sommer, Brakel, und der ebenfalls aus Brakel stammenden Jenny Ida Sudheim. Der Vater erblindete in späteren Jahren. Die Eltern zogen im 3. Reich ins jüdische Altersheim in Berlin, wo die Mutter 1939 od. 1940 starb.
Nach der Volksschule und der Rektoratsschule in Brakel 1909-1914 Schüler des KWG (OIII–OI). Rezitierte 1913 bei der Feierstunde zum 25-jährigen Thronjubiläum des Kaisers Ernst von Wildenbruchs Gedicht „Arbeit“. Abgang mit dem Abitur zum Medizinstudium, das er wohl in Frankfurt abschloss. Danach vermutlich Eröffnung einer Praxis. Im 3. Reich ging er in die USA ins Exil und praktizierte in Mount Vernon (New York) als Kinderarzt. Um 1950 Rückkehr nach Frankfurt, wo er bis etwa 1972 lebte. Ging danach wieder in die USA und starb im Febr. 1979 in Mount Vernon.

Ernst Speyer-Ofenberg 1904 beim Abitur am KWG
Ernst Speyer-Ofenberg 1904 beim Abitur am KWG

Speyer-Ofenberg, Ernst, Dr. (KWG Nr. 1499), geb. 8.9.1883 in Wolfhagen, Sohn des Kaufmanns Julius Speyer-Ofenberg, Wolfhagen, Burgstr. 27, und der Friederike (Riekchen) aus Korbach.
Nach Volkschule und Besuch des Gymnasiums Korbach 1899-1904 Schüler des KWG (II-OI). Abgang mit dem Abitur zum Jurastudium, entschied sich dann aber für Medizin. Schloss sein Studium (möglicherweise nach Zwischenaufenthalt in Berlin) in Würzburg ab. 1909 Promotion zum Dr. med. in Würzburg („Die Blasenmole bei Zwillingsschwangerschaft“). Nach zwischenzeitlicher Rückkehr nach Wolfhagen 1909/10 für ein Jahr Famulatur in Offenbach/Main als „Medizinalpraktikant“. Danach in Berlin, aber nochmals kurzzeitige Rückkehr nach Wolfhagen, bevor er ab Aug. 1911 endgültig nach Berlin-Spandau zog. Heirat mit Frau Margarethe (Nachname ?), Kinder Werner (* 1918) und Klaus (* 1918). Emigration mit Familie am 2.8.1939 nach Chicago/USA. Im Apr. 1973 in Graceland / Illinois verstorben.

Speyer-Ofenberg, Ludwig (Louis) (KWG Nr. 1448), geb. 21.12.1880 in Wolfhagen, Sohn des Kaufmanns Julius Speyer-Ofenberg, Wolfhagen, Burgstr. 27, und der Friederike (Riekchen) aus Korbach.
Nach Volksschule und Besuch des Wilhelms-Gymnasium in Kassel 1898-1900 Schüler des KWG (UII). Abgang mit dem Einjährig-Freiwilligen Zeugnis, um Kaufmann zu werden. Zunächst wohl Rückkehr nach Wolfhagen. 1904 von dort nach Wuppertal-Elberfeld verzogen. Später in Nordhausen Geschäftsführer im Schuh-Haus Tack & Co. Wohnte mit Frau Rebecca in der Rautenstraße 8/9, Söhne Hans (* 1905) und Rolf (* 1910). Mitglied der Nordhäuser Schützen-Kompagnie. 1925 zog die Mutter Riekchen nach dem Tod ihres Mannes von Wolfhagen zu ihrem Sohn nach Nordhausen. Der Sohn Rolf emigriertebereits 1935 nach Kapstadt/Südafrika. Nach der Pogromnacht 1938 Inhaftierung Ludwig Speyer-Ofenbergs im KZ Buchenwald inhaftiert. Gleich nach dem Tod der Mutter Ende 1938 Emigration mit Frau Rebecca und vermutlich dem zweiten Sohn Hans am 14.2.1939 nach Kapstadt/Südafrika zu dem bereits dort lebenden Sohn Rolf. Seine Frau folgte wenige Monate später. Ludwig starb 1965 in Kapstadt.

Karl Weiler wohl um 1930
Karl Weiler wohl um 1930

Weiler, Karl Ludwig, Dr. (KWG Nr. 2497), geb. 31.7.1904 in Frankfurt/Main, Sohn des Kaufmanns Friedrich (Fritz) Weiler, Brakel, und der Ella Ederheimer. Die Eltern zogen von Frankfurt/Main nach Brakel, wo der Vater in den in der Region führenden Landhandel Weiler, Heineberg und Flechtheim eintrat.
Nach der Rektoratsschule in Brakel 1918-1922 Besuch des KWG (UII-OI). Abgang mit dem Abitur, um Kaufmann zu werden. Nach Jurastudium und Promotion beisitzender Richter in Berlin. Nach seiner Entlassung 1933 Rückkehr nach Brakel und Eintritt in den Landhandel der Familie. 1936 Arisierung des Geschäfts. 1937 Emigration in die USA, wo er 1940 in Richmond, Virginia, als Buchhalter in einer Weinhandlung arbeitete. Heirat mit der 1938 aus Deutschland geflohenen Minna Kaufmann, mit der er die Töchter Judy und Susan bekam. Carl Weiler starb am 27.4.1988 in Baltimore, Maryland, seine Frau am 22.12.1999. Seine Eltern wurden am 8.7.1942 nach Theresienstadt deportiert und am 19.9.1942 zur Ermordung nach Treblinka verschleppt.
Weiteres siehe Khaki canvas knapsack brought to the US by a German Jewish refugee

Weiler, Kurt/Curt (KWG Nr. 2358), geb. 10.5.1901 Brakel, Sohn des Kaufmanns Hermann Weiler, Brakel, und der Margarete (Grete, Elsbeth) Fränkel aus Höxter. Er stammte aus der Familie Weiler, die zusammen mit den Heinebergs und den Flechtheims (“Die drei Weisen”) in der Weimarer Republik den Getreidehandel in der Gegend dominierten.
Nach der Volksschule und der Rektoratsschule Brakel 1915-1917 Schüler des KWG (UII-OII) und Erwerb des Einjährig-Freiwilligen Zeugnisses. Abgang wegen Nicht-Versetzung an eine andere Schule. Er wurde Konzertsänger (Bassbariton), war Schüler des Bassisten Albert Fischer und studierte unter anderem in Rom. Er sang unter Walter, Klemperer, Scherchen, Reger und war befreundet mit dem Komponisten Ottorino Respighi. Lebte in den 1920/30er Jahren mit Unterbrechungen in Berlin. Von dort im Nov. 1933 Emigration nach Johannisburg/Südafrika und dann weiter in die USA. Am 2.6.1971 in Danbury, Fairfield, Connecticut verstorben.

Fritz Ostkämper, 9.10.2019
e-mail: ostkaemper@jacob-pins.de