Jüdische Bürger in Höxter

Die Familie Lipper-Benjamin (1919); hinten v.l.: Dr. Leo Pins, Ida Pins geb. Lipper, Laura Sander, Elli Lipper geb. Meininger, Benno Lipper, Markus Benjamin, Fanny Stern geb. Lipper; vorn: Otto Pins, Emilie Lipper geb. Benjamin, Walter Stern
Die Familie Lipper-Benjamin (1919); hinten v.l.: Dr. Leo Pins, Ida Pins geb. Lipper, Laura Sander, Elli Lipper geb. Meininger, Benno Lipper, Markus Benjamin, Fanny Stern geb. Lipper; vorn: Otto Pins, Emilie Lipper geb. Benjamin, Walter Stern

Die Familien Lipper und Benjamin

Die Vorfahren Familie Lipper sind spätestens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert als Handelsleute in dem heute zu Meinberg gehörenden lippischen Ort Reelkirchen belegt, von wo zwei oder drei in den 1770er Jahren geborene Brüder(?) um 1800 in den Kreis Höxter zogen und hier 1808 nach ihre Herkunft den Familiennamen Lipper wählten, nachdem sie sich zunächst anscheinend für kürzere Zeit in Wöbbel (heute: Schieder-Schwalenberg) niedergelassen hatten.

Der Grabstein für Vogel Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Fürstenau
Der Grabstein für Vogel Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Fürstenau

Salomon Michael Lipper und der Fürstenauer Zweig der Familie

Der zunächst als Handelsmann in Wöbbel verzeichnete Salomon Michael Lipper (1778-1870) heiratete 1809 in erster Ehe die Löwendorferin Edel (Vogel) Gottschalk (1781-1826) und zog etwas später mit ihr nach Fürstenau. Sie starb bald nach der Geburt des elften Kindes. Vier weitere Kinder gingen aus der zweiten Ehe mit Hanne Moses (1799-1840) hervor. Die dritte Ehe mit Rose Levy blieb kinderlos.

Einige der 15 Kinder starben früh, jedoch verschwanden auch die meisten anderen in den folgenden Jahren aus Fürstenau, so etwa der jüngste Sohn Moses Moritz Lipper (1835-1911), der 1858 in die USA auswanderte, wo er in den folgenden Jahrzehnten als Handwerker mit seiner Frau Clara Hamburger (1840-1914) und den Kindern in Philadelphia und dann in Manhattan wohnte. Auch sein drei Jahre älterer Bruder Jacob (Jacques) Lipper (1832-1908) verließ Fürstenau und lebte bis Ende des 19. Jahrhunderts als Mitinhaber der Strumpf- und Weißwarenhandlung Lipper & Canther in Aachen und ging dann nach Brüssel, ebenso wie anscheinend sein 1874 geborener Sohn Oskar. Ob der 1916 als belgischer Soldat im Ersten Weltkrieg auf den Schlachtfeldern in Flandern gefallene Richard Lipper möglicherweise dessen Sohn war, ist ungeklärt.

Drei Kinder Salomon Michael Lippers blieben dagegen in Fürstenau. Salomon Lipper (* 1807) aus der ersten Ehe seiner Mutter Edel wird dort als Vorsänger und Deputierter genannt. Er hatte mit seiner aus Hehlen stammenden Frau Röschen Hirschberg den Sohn Julius (* 1849) und die Tochter Sara (* 1855). In den 1860er Jahren verschwand die Familie aus Fürstenau. Möglicherweise wanderte sie in die USA aus, wie 1865 für den Sohn Julius belegt ist.

Salomon Michaels Tochter Elise (1820–1866) heiratete 1846 den Fürstenauer Jacob Jacobi (1820–1902) und hatte mit ihm acht Kinder. Sie starb bei der Geburt der jüngsten Tochter, und aus der zweiten Ehe ihres Mannes mit Johanna Eichholz (1837–1921) ging unter anderem der Kolonial- und Kurzwarenhändler Emanuel Jacobi hervor, der mit seiner Frau Berta Löwenstein bis zur Deportation 1942 in Fürstenau lebte.

Die Grabsteine von Michael (verso) und Julie Lipper (recto) auf dem jüdischen Friedhof in Fürstenau
Die Grabsteine von Michael (verso) und Julie Lipper (recto) auf dem jüdischen Friedhof in Fürstenau

Salomon Michaels Sohn Michael Lipper (1810–1884) lebte mit seiner Frau Julie Löwenstein (1812–1877) aus Peckelsheim bis zu seinem Tod in Fürstenau. Das Ehepaar hatte vier Kinder, von denen eine Tochter aber schon als Kind starb. Ihre Tochter Fanny heiratete 1868 den in Oestereiden lebenden Aron Stern (* 1826), und der Sohn Simon (* 1839) war in Rösebeck mit der dort geborenen Hannchen Düsenberg (* 1839) verheiratet. Letztere hatten vier Kinder, von denen die ledige Tochter Emma (* 1874) 1942 aus Bielefeld nach Theresienstadt und dann zur Ermordung nach Treblinka deportiert wurde.

Die Familie Lipper in Höxter

Das Geschäft Lipper am Markt in Höxter vor 1906 (links)
Das Geschäft Lipper am Markt in Höxter vor 1906 (links)
Der unvollständig sichtbare Grabstein für Jacob Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Höxter
Der unvollständig sichtbare Grabstein für Jacob Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Höxter

Michael Lippers jüngster Sohn Jacob Lipper (1842–1908) blieb zunächst für einige Jahre in Fürstenau. Er heiratete Emilie Benjamin (1848–1922), eine Tochter des Viehhändlers Salomon Benjamin aus Horn, und hatte mit ihr fünf Kinder, von denen zwei aber früh starben. 1886 zog er mit der Familie nach Höxter und eröffnete in der Marktstraße 12 ein Manufaktur- und Konfektionswarengeschäft.

Die älteste Tochter Fanny (1875–1940) heiratete 1896 Salomon Stern (* 1867) aus Ziegenhain, mit dem sie den Sohn Walter bekam, über dessen Leben nichts bekannt ist. Vermutlich nach dem Tod ihres Mannes kehrte Fanny für einige Zeit ins Elternhaus zurück und zog 1926 nach Berlin-Charlottenburg, wo sie in zweiter Ehe einen Josef Deutsch heiratete, der jedoch vor ihr starb. Später war sie in Köln, wo sie 1940 starb.

Benno Lipper 1891 als Schüler der Quinta
Benno Lipper 1891 als Schüler der Quinta

Das Höxteraner Geschäft war inzwischen in die Hände des Sohns Benno Lipper (1881 – um 1929) übergegangen, der nach der jüdischen Schule vier Jahre lang das Gymnasium besucht hatte und nach dem Tod seines Vaters das Geschäft unter eigenem Namen fortsetzte, bis er es nach einem Konkurs wieder unter dem Namen seines Vaters weiterführte.

Aus dem Ersten Weltkrieg kehrte er verwundet zurück und zog 1926 mit seiner aus Göttingen stammenden Frau Elli Meininger (* 1885) und dem Sohn Heinz Joachim (* 1912) nach Braunschweig, wo er um 1929 bei einem Unfall auf dem Bahnhof starb. Der Sohn Heinz Lipper ging 1936 nach Argentinien ins Exil. Seine Mutter folgte ihm 1938. Bekannt ist außerdem, dass Heinz Lipper auf einer Reise nach Europa 1979 auch zum Besuch bei Jacob Pins in Israel weilte.

Nach dem Wegzug Benno Lippers ging das Geschäft 1926 an seine Schwester Ida (1883–1944) über, die 1916 den aus Dülmen stammenden Tierarzt Dr. Leo Pins (1884–1944) geheiratet hatte und es bis zur Geschäftsaufgabe im Dritten Reich fortführte, während ihr Mann im Haus seine Tierarztpraxis betrieb. (Siehe dazu: Die Familie Pins)

Anzeigen vom 6.12.1926 und 6.8.1934
Anzeigen vom 6.12.1926 und 6.8.1934

Abraham Levi Lipper und der Löwendorfer Zweig der Familie Lipper

Seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ist auch in Löwendorf und Hohehaus der Name Lipper verzeichnet. Das verwandtschaftliche Verhältnis mit der Fürstenauer Familie ist nicht sicher geklärt, wird jedoch schon durch den gemeinsamen Geburtsort Reelkirchen nahe gelegt, und bei dem im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Löwendorf lebenden und auch in Hohehaus genannten Abraham Levi Lipper (1773/78-1826) handelt es sicher um einen Bruder (oder Cousin) des oben genannten Salomon Michael Lipper. Offenbar gab es enge Beziehungen zwischen den Familien in Fürstenau, Löwendorf und Hohehaus, so dass manche Personen in den Quellen auch mit wechselnden Wohnorten genannt werden.

Der in Reelkirchen (Meinberg) geborene Abraham (Levi) Lipper (1773/78-1826) lebte möglicherweise zunächst in Fürstenau, zog aber nach seiner Heirat (1809) mit der Löwendorferin Pess (Jeska/Jüsche) Baruch Werner (1783 – vor 1861) ebenfalls nach Löwendorf und Hohehaus, wo neun Kinder geboren wurden. Mehrere starben jung, während die anderen Löwendorf in den 1830/40er Jahren den Rücken kehrten. So lebte der Sohn Baruch (Bernhard (* 1819) mit seiner Frau Hannchen Oppenheimer (um 1830) als Färber in Dielingen, von wo sein Sohn Albert (1855-1938) Ende des 19. Jahrhunderts in die USA auswanderte. Weitere Söhne Abraham Levis begründeten in anderen Orten eigene Zweige der Familie Lipper.

Die Familie Lipper in Blomberg

Amerikanischer Zeitungsbericht über die Verurteilung Moses Lippers wegen Wucher
Amerikanischer Zeitungsbericht über die Verurteilung Moses Lippers wegen Wucher

Abraham Levis Sohn Moses Lipper (* 1823) heiratete die aus Salzuflen stammende Brünette Schönhaus (* um 1827) und ließ sich mit ihr in Blomberg nieder, wo er mehrfach (1868, 1879) als Vorsteher der Synagogengemeinde Blomberg-Cappel genannt wird. Er arbeitete als Viehhändler und verlieh offenbar auch Geld, nahm aber überhöhte Zinsen, so dass er 1893 vom Gericht in Detmold wegen Wucherei verurteilt wurde.

Das Ehepaar hatte zehn Kinder, von denen fünf als Kleinkinder starben. Der Sohn Abraham (* 1853) wanderte 1871 in die USA aus. Die Tochter Ida (1857-1924) heiratete den aus Einbeckhausen stammenden David Windmüller (1844-1924) und lebte mit ihm in Lauenau. Von ihren sechs Kinder wurden drei in der Shoah ermordet, ebenso wie fünf Kinder und Enkel von Idas in Blomberg mit Bertha Bergmann verheiratetem Bruder Michaelis (* 1855).

Über die weiteren Söhne Moses Lippers liegen nur unzureichende Informationen vor. So ist von dem Sohn Theodor Daniel (* 1861) nur bekannt, dass er bis 1894 in Leer wohnte, und es ist nicht gesichert, dass dessen Bruder Anschel (Albert?) (* 1859) der Ehemann der 1937 als Witwe in Blomberg wohnenden Emma Lipper geb. Examus (* 1869 in Horn) war, die 1940 auf Drängen des Bürgermeisters ins jüdische Altersheim in Unna umziehen musste und von dort 1942 nach Theresienstadt und dann zur Ermordung nach Treblinka deportiert wurde.

Die Familien Lipper in Hausberge, Nammen, Kleinenbremen (Porta Westfalica)

Ein weiterer Zweig der Familie entstand schon vor der Mitte des 19. Jahrhundert in den heute zu Porta Westfalica gehörenden Orten Hausberge, Kleinenbremen und Nammen, wo sich drei Söhne von Abraham Levi dauerhaft ansiedelten. 1843 heiratete sein Sohn Daniel Lipper (1810-1888), dem 1842 der Zuzug nach Steinheim verweigert worden war, die in Bückeburg geborene Betti Abraham (um 1806-1873) und zog mit ihr nach Kleinenbremen, wo er in der Folgezeit als Fleischer genannt wird, aber wohl kinderlos blieb.

Der Grabstein des in Löwendorf geborenen J[uda] Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Hausberge
Der Grabstein des in Löwendorf geborenen J[uda] Lipper auf dem jüdischen Friedhof in Hausberge

Während Daniel Lipper in Kleinenbremen lebte, siedelten sich seine Brüder Isaac (* 1821), über den nichts Weiteres bekannt ist, und Juda Abraham (1814-1885) im benachbarten Nammen an und 1858 übernahmen die drei Brüder gemeinsam die Verpflichtung, sich um die Unterhaltung der Synagoge im Hauptort Hausberge zu kümmern.

Der Handelsmann Juda Lipper zog nach zwei kinderlosen Ehen in Löwendorf mit der 1845 geheirateten Höxteranerin Hanne Hochfeld (* 1811) nach Nammen, wo die drei Kinder des Ehepaars geboren wurden. Sein Sohn Abraham (* 1846) gründete 1894 in Hausberge Nr. 55 eine Fleischerei mit Wurstküche, Rauchkammer, Viehstall und Hofraum, die sein mit der Tochter Henny (1879-1943) verheirateter Schwiegersohn Siegfried Honi (1880-1939) fortführte und noch 1935 umbauen ließ.

Auch Juda Lippers zweiter Sohn Robert (Ruben) (* 1850), der zunächst wohl im Nachbarort Lerbeck gewohnt hatte, betrieb ab 1883 in Hausberge Nr. 100 eine Fleischerei, die ab etwa 1901 von dem mit seiner Tochter Henny (1878–1932) verheirateten Schwiegersohn Albert Windmüller (1873-1943) fortgeführt und vergrößert wurde.

Mindestens 17 Kinder, Schwiegerkinder, Enkel und Urenkel Juda Lippers wurden im Dritten Reich ermordet, als erster der oben genannte Siegfried Honi, der bereits 1939 an den Folgen der Misshandlungen in der Pogromnacht des 9./10. November 1938 starb. Nur wenigen Nachkommen blieb dieses Schicksal erspart, weil ihnen rechtzeitig gelang, in die USA zu emigrieren.

Die Familie Lipper in Lichtenau

Außer Levi Abraham Lippers bereits genannten Söhnen Daniel, Juda und Isaac lebte auch der Sohn Levi (später Louis) (* 1816) für etwa zehn Jahre in Hausberge, wo nach seiner Ausbildung von 1835 bis etwa 1845 als jüdischer Lehrer und Vorsänger tätig war und zugleich die angesehene Aufgabe des koscheren Schlachters übernahm.

Louis Lippers Ernennung zum Beschneider durch die Regierung in Minden, 1846
Louis Lippers Ernennung zum Beschneider durch die Regierung in Minden, 1846

1845 heiratete er die aus Otterndorf (an der Elbmündung) stammende Louise Brady (* um 1816) und zog mit ihr nach Lichtenau, wo er wiederum die Aufgabe des jüdischen Lehrers und Kantors übernahm und 1846 von der Regierung in Minden die Berechtigung erhielt, auch die Beschneidung der männlichen Kinder vorzunehmen. Bis mindestens 1860 blieb die Familie in Lichtenau, wo die vier Kinder geboren wurden, von denen der Sohn Max (1846-1867) als Comptorist in Aachen starb.

Die Familie Lipper in Bochum-Linden

Einen weiteren Zweig der Familie Lipper findet man ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrunderts im damaligen Linden (heute ein Stadtteil von Bochum). Zwar lassen sich die genauen familiären Beziehungen nach Ostwestfalen bisher nicht klären, jedoch wird die Verwandtschaft durch Briefe aus der Höxteraner Familie Pins sicher belegt, in denen die aus der Lindener Familie stammende Tochter Auguste verh. Mayer als „Cousine“ bzw. „Tante“ bezeichnet wird.

„Da konnte man blind alles kaufen“, so charakterisierte eine alte Bochumerin 2012 das große Textilwarengeschäft der alt eingesessenen Familie Lipper in der Hattinger Straße in Linden, das Louis Lipper (1842-1909) seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert betrieb, und es war bekannt, dass er nicht nur seine jüdischen Mitbürger in der Hattinger Synagogengemeinde vertrat, sondern auch auf das Wohl der nichtjüdischen Einwohner bedacht war und etwa testamentarisch die Einrichtung einer Stiftung zugunsten der Stadtarmen verfügte.

Oskar Lipper und seine Frau Elisabeth bei einer Geburtstagsfeier (1928)
Oskar Lipper und seine Frau Elisabeth bei einer Geburtstagsfeier (1928)

Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Oskar (* 1882) mit seiner Frau Elisabeth Koppel (* 1887) das Geschäft und führte es im Sinne des Vaters weiter. Bedürftigen Familien schenkte er Kommunions- bzw. Konfirmationskleidung, unverschuldet in Not geratenen Menschen erließ er die Schulden, und natürlich konnte man im Geschäft anschreiben lassen. Dieses soziale Engagement bewahrte die Familie jedoch nicht vor der Verfolgung.

Im Dritten Reich konnte Oskar Lipper die Geschäfte weiterbetreiben, bis das Geschäft mit seinen acht großen Schaufenstern in der Pogromnacht 1938 zerstört und bald danach arisiert wurde. Ob er in dieser Nacht verhaftet wurde, ist unbekannt. Aber spätestens jetzt plante die Familie ihre Auswanderung, und es gelang den Eltern, über die Schweiz(?) und England 1941 in die USA zu emigrieren. Ihr Kinder Martha (1912-1999) und Helmut (1916-2007) lebten später verheiratet in den USA bzw. in der Schweiz.

Stolpersteine für die Familie Bachrach in Essen-Rüttenscheid
Stolpersteine für die Familie Bachrach in Essen-Rüttenscheid

Während sich Oskar mit seiner Familie im Dritten Reich ins Exil retten konnte, wurde seine in Essen-Rüttenscheid verheiratete jüngere Schwester Minna (* 1884) mit ihrem Mann Arthur Bachrach (* 1868) 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Treblinka ermordet.

Guste Mayer, geb. Lipper und ihr Mann Bernhard (1928)
Guste Mayer, geb. Lipper und ihr Mann Bernhard (1928)

Oskars ältere Schwester Auguste (Guste) (1875–1958) war mit dem Pelzhändler, Anarchisten, Kunsthändler und Mäzen Bernhard Mayer (1866–1946) verheiratet, mit dem sie in Zürich lebte. Über sie, die Jacob Pins als „Cousine meiner Mutter“ bezeichnete und die bis 1940 über die Schweiz die Briefe zwischen Jacob Pins und seinen Eltern weiterleitete, konnte dieser von Palästina aus den Kontakt mit seinen Eltern in Deutschland bis zu ihrer Deportation aufrechterhalten.

Die Familien Benjamin und Sander

Der zerschlagene Grabstein von Emma Weißenstein auf dem jüdischen Friedhof
Der zerschlagene Grabstein von Emma Weißenstein auf dem jüdischen Friedhof

Nicht nur die mit Jacob Lipper verheiratete Emilie geb. Benjamin, sondern auch drei ihrer Geschwister lebten später in Höxter. Schon 1868 hatte ihre Schwester Emma (1846–1903) den Höxteraner Flachs- und Leinenhändler Meyer Weißenstein (1833–1914) geheiratet, der hier später das gleichnamige Bankhaus begründete und dem sie zahlreiche Kinder gebar. (Siehe zur Familie Weißenstein.)

Um 1890 ließ sich auch der Bruder Markus Benjamin (1851–1923) mit seinem „Schuhbazar“ in Höxter nieder und betrieb sein Geschäft zunächst in der Westerbachstraße 33 und dann in der Brinkstraße 1. Er war ab 1913 Vorsteher der Repräsentantenversammlung und bis zu seinem Tod Vorsitzender des Israelitischen Wohlfahrtsvereins.

Markus Benjamins „Schuhbazar“ in der Westerbachstraße und dann „Am Brink“
Markus Benjamins „Schuhbazar“ in der Westerbachstraße und dann „Am Brink“

Schließlich zog auch die als Sander in Werth (Isselburg) verheiratete Schwester Sara Benjamin (1853–1924) nach dem Tod ihres Mannes bis zu ihrem eigenen Tod nach Höxter, wo bereits ihre Tochter Laura (1885 – um 1970) seit vor dem Ersten Weltkrieg im Lipperschen Geschäft mitarbeitete.

Laura Sander ging nach Auflösung des Geschäfts 1934 nach Bocholt und heiratete dort den gleichnamigen Jacques Sander (1884–1959), der nach der Pogromnacht 1928 sein Geschäft in Hamburg verloren hatte und nach dem Tod seiner ersten Frau 1936 zu den Kindern nach Australien gezogen war, aber bei einem Besuch wegen des Kriegsausbruchs in Holland hängen blieb. Laura und Jacques Sander emigrierten nach England und zogen von dort 1947 nach Australien.

Fritz Ostkämper, 16.8.2018
e-mail: ostkaemper@jacob-pins.de