Jüdische Bürger in Höxter

Die Viehhändlerfamilie Löwenstein in Fürstenau

Die Vorfahren der später in Fürstenau ansässigen Viehhändlerfamilie Löwenstein lebten anscheinend bereits im 18. Jahrhundert in der heute zu Brakel gehörenden Gemeinde Frohnhausen (früher Kreis Warburg). Eine Verwandtschaft mit anderen Trägern des Namens in der Region ist bisher nicht nachweisbar.

Um 1845 heiratete der in Frohnhausen lebende David Löwenstein seine Frau Röschen geb. Neuberg. Während es über den ältesten Sohn Salomon (* 1848) keine Informationen gibt, begründete der jüngere Sohn Gerson (1853–1924) die Familie Löwenstein in Fürstenau, wo er sich spätestens um 1880 nach seiner Heirat mit der aus Löwendorf stammenden Clara Desenberg (1851–1910) ansiedelte und wo auch ihre fünf Kinder geboren wurden, die alle mit ihren Ehepartnern und Kindern im Holocaust ermordet wurden. Nur zwei Enkel Gersons überlebten das Dritte Reich.

Die Grabsteine von Gerson und Clara Löwenstein auf dem Friedhof in Fürstenau
Die Grabsteine von Gerson und Clara Löwenstein auf dem Friedhof in Fürstenau

Gerson Löwenstein betrieb in Fürstenau Nr. 14 (heute Hohehäuser Str. 14) einen Viehhandel. Die Juden waren im Dorf allgemein akzeptiert, und noch 1938 stellte der Dorfpolizist bedauernd fest: „[D]as Dorf Fürstenau ist in 2 Gruppen gespalten. Die erste kleine Gruppe besteht aus staatsbejahenden Partei- und Volksgenossen, während die andre weit größere Gruppe aus den Juden und judenfreundlichen Elementen besteht.“

Die Familie David Löwenstein

Der Fürstenauer Viehhandel Gerson Löwensteins wurde nach seinem Tod von dem Sohn David (* 1887) übernommen, der ihn bis ins Dritte Reich weiterführte. Aus dem Ersten Weltkrieg kehrte er ohne Verwundung nach Fürstenau zurück und heiratete 1926 die aus Obermarsberg stammende Bernhardine Weitzenkorn (* 1900). Das Ehepaar hatte zwei Kinder, die 1927 geborene Tochter Kläre und den Sohn Helmut (* 1931).

Obwohl die Juden im Dritten Reichs nach und nach aus dem Geschäftsleben verdrängt wurden, blieb der Viehhandel in Fürstenau zunächst noch „zum größten Teil in [jüdischen] Händen, da es an arischen Händlern fehlt am Platze und der Jude auch in den meisten Fällen besser zahlt“, wie der Bürgermeister 1935 meldete.

Die Situation wurde jedoch zunehmend schwieriger, und nach der Schändung der Fürstenauer Synagoge im August 1938 wurden in den folgenden Monaten auch bei der Familie Löwenstein mehrfach die Fensterscheiben eingeworfen. Der überlebende Sohn Helmut (Harry) resümiert:

„Alles ging gut bis zur Kristallnacht am 9./10. November 1938. Da kamen welche in das kleine Dorf, jedoch muss ich betonen, dass das Dorf selbst in Ordnung war, die Leute waren großartig.
Es kamen jedoch Scharfmacher von außerhalb, um Unruhe zu stiften. Jede Nacht zerschlugen sie das Glas an den Häusern, alle Fenster wurden zerbrochen. Und schließlich wurden die Fenster mit Sperrholz zugedeckt. Jede Nacht gab es Unruhen.“

Zu dieser Zeit hatte David Löwenstein seinen Viehhandel bereits aufgegeben, und die Familie musste in der folgenden Zeit von der Substanz leben. Zusätzlich versuchte sie ihren Lebensunterhalt (zumindest für eine Zeit) durch die Aufnahme (jüdischer) Feriengäste im Haus aufzubessern.

In der Pogromnacht des 9. November 1938 stürmten SA-Trupps das Haus und beschlagnahmten Gold, Silber, Bronze und andere Dinge von Wert. David Löwenstein wurde mit den anderen Juden in das KZ Buchenwald verbracht, von wo er erst nach gut vier Wochen am 12.12.1938 entlassen wurde. Während seiner Abwesenheit musste der siebenjährige Sohn Helmut das Vieh in der Scheune und die Pferde im Stall versorgen, sie füttern und putzen.

Kläre und Helmut Löwenstein mit ihrer Spielgefährtin Inge Bachmann um 1935
Kläre und Helmut Löwenstein mit ihrer Spielgefährtin Inge Bachmann um 1935

Ab 1939 war den Kindern der Besuch der öffentlichen Schulen verboten, und so wurden Kläre und Helmut zur Israelitischen Gartenbauschule in Hannover-Ahlem geschickt, um ihre Schulpflicht zu erfüllen. Mit der Schließung der Schule mussten sie jedoch im Herbst 1941 nach Fürstenau zurückkehren.

Am 13. Dez. 1941 wurde die Familie in das Ghetto Riga deportiert und dort mit anderen Angehörigen in eine kleine Wohnung oder ein Zimmer zusammengepfercht, wie der überlebende Sohn Helmut berichtet:

„Unsere Familie, das waren wir mein Vater, sein Bruder und seine Familie, die zu viert waren, eine Tante und ein Onkel, die zu zweit waren und eine andere Tante und ein Onkel. Wir wurden alle in ein ›Apartement‹ gezwungen, das die meisten von uns als ›klein für 2‹ bezeichnen würden. Die Einrichtung war minimal, kein fließend Wasser, Toiletten befanden sich den Gang hinunter […]. Es war ein altes Haus. Es gab Läuse, Flöhe und Insekten. Das Essen war minimal.“

David Löwenstein und sein Sohn Helmut wurden im Sommer 1943 in das Konzentrationslager Kaiserwald transportiert, wo David Löwenstein nach wenigen Wochen erkrankte und nach Riga zurückgebracht wurde. Er wurde wahrscheinlich in Treblinka ermordet.

Der 12-jährige Sohn Helmut arbeitete zunächst im Recyclinghof der deutschen Armee, wo er Batterien zerlegen musste, und dann in einer Autowerkstatt, in der er Autos und Autoteile reinigte und putzte. Nur knapp entging er der Selektion der Kinder und Kranken für die Ermordung in Treblinka, weil die in der Werkstatt arbeitenden Männer den groß gewachsenen Jungen umringten und ihn wieder mit in die Werkstatt nahmen.

Beim Heranrücken der Roten Armee wurde das Lager Kaiserwald im Aug./Sept. 1944 aufgelöst, und ebenso wie seine Mutter und seine Schwester wurde Helmut Löwenstein per Schiff über Danzig in das KZ Stutthof transportiert. Dort verlor er den Kontakt zu den beiden und sah sie nie wieder. Bernhardine Löwenstein und ihre Tochter Kläre kamen etwa Ende 1944 um.

Der noch nicht einmal 14-jährige Helmut Löwenstein überlebte das KZ Stutthof und das Nebenlager Rieben. Bei der Auflösung des KZs wurde er Anfang Februar mit einer Häftlingskolonne auf den „Todesmarsch“ nach Westen geschickt. Nachts schliefen sie in großen Scheunen und ernährten sich von den rohen Rüben, Möhren und anderen Feldfrüchten, die sie aus den Mieten der Bauern ausscharrten, bis die Häftlingskolonne am 9./10. März 1945 bei Lanz (Kr. Lauenburg) von der Roten Armee befreit wurde. (Siehe auch den Bericht einer ehemaligen Einwohnerin von Lanz.)

Helmut Löwenstein wog nur noch 29 Kilogramm. Die Körper der Häftlinge waren nicht mehr an normale Nahrung gewöhnt, so dass sie die Schinken und Würste aus den Speichern der Bauernhöfe nicht vertrugen und in einem Schulhaus von der Roten Armee mit Haferflocken allmählich aufgepäppelt werden mussten.

Empfangsbescheinigung Helmut Löwensteins für ein Paket aus Amerika
Empfangsbescheinigung Helmut Löwensteins für ein Paket aus Amerika

Nach etwa sechs Wochen machte sich Helmut Löwenstein mit sechs anderen nach Westen auf und gelangte über Berlin und durch Thüringen bald nach Kriegsende nach Fürstenau. Für einige Wochen fand er Unterkunft bei der Familie Kleinstraß in Bredenborn und lebte dann ab Juli 1945 für ein Jahr bei der Familie, die das Haus seiner Familie in Fürstenau erworben hatte.

Helmut Löwenstein sitzend vorn rechts im Kinderheim in Blankenese
Helmut Löwenstein sitzend vorn rechts im Kinderheim in Blankenese

Dort entdeckte er noch einen Judenstern, den seine Mutter mit Stoff verstärkt hatte. Es kam auch zu ersten Kontakten mit Verwandten in Amerika, die ihm vorschlugen, ebenfalls nach Amerika zu kommen. Zunächst ging er jedoch, da er mit seinen 15 Jahren für die Volksschule zu alt war, 1946 bis 1947 in das jüdische Kinderheim in Hamburg-Bankenese, um seine fehlende Schulbildung nachzuholen, bis er 18 Monate später über Paris in die USA ausreisen konnte, wo er von einem entfernten Onkel aufgenommen wurde. Tagsüber arbeitete er, und abends ging er zur Schule, um Englisch zu lernen. Auch änderte er seinen Namen Helmut in Harry.

1952 kam er nach Florida, wo er in das Bekleidungsgeschäft eines anderen Onkels eintrat. 1953 kehrte er noch einmal als Soldat einer amerikanischen Geheimdienst-Einheit nach Deutschland zurück und lernte dann 1957 in Jacksonville (Florida) seine Frau Carol Doris Sainker (1935–2017) kennen. Ihre drei Kinder erhielten nach Harrys ermordeten Eltern und der Schwester die Namen Berna (Bernardine (* 1959), Karen (Klara) (* 1962) und David (* 1965).

Das Geschäft der Familie Lowenstein in Kissimmee
Das Geschäft der Familie Lowenstein in Kissimmee

1974 erwarben Harry und Carol Lowenstein in Kissimmee in Florida ihr eigenes Bekleidungsgeschäft in der Hauptgeschäftsstraße, das sie zusammen betrieben, bis sie es 2001 aus Altersgründen aufgaben.

Zusammen mit anderen gründeten sie in den 1980er Jahren in Kissimmee die liberale jüdische Gemeinde Congregation Shalom Aleichem, die seit 1994 über eine eigene Synagoge mit einer 260 Jahre alten, einst von den Nazis konfiszierten Tora verfügt. Harry Löwenstein übernahm viele Jahre lang in der Gemeinde die Aufgabe des Laienpredigers und unterstützte seine Glaubensgenossen als Ritual Chairman bei allen religiösen Feiern und Riten. Immer wieder aber ging er auch in die Öffentlichkeit, um über das Schicksal seiner Familie zu berichten und an den Holocaust zu erinnern.

Sonia Marchesano, Harry Lowenstein und Eva Ritt im Holocaust Center in Maitland am 27. Okt. 2013 bei einer Veranstaltung anlässlich der „Kristallnacht“ vor 75 Jahren
Sonia Marchesano, Harry Lowenstein und Eva Ritt im Holocaust Center in Maitland am 27. Okt. 2013 bei einer Veranstaltung anlässlich der „Kristallnacht“ vor 75 Jahren

Im Juni 2018 kam Harry Lowenstein mit seinen Töchtern Berna und Karen und dem Schwiegersohn Greg zum Besuch nach Höxter und trug sich im vollen Saal des Forums Jacob Pins in Anwesenheit des Bürgermeisters und des Landrats in das Goldene Buch der Stadt Höxter ein. In seinem Geburtsort Fürstenau besuchte er die ehemalige Synagoge und traf frühere Mitschüler und Spielkameraden, bevor er dann auf dem Friedhof an den Gräbern seiner Großeltern ein Gebet sprach. Den Abschluss bildete ein Besuch der Gedenkstätte in Hannover-Ahlem, wo er von 1939 bis 1941 die Israelitische Gartenbauschule besucht hatte und sich an zahlreiche Einzelheiten dieser Jahre erinnerte.

Rosa Dillenberg geb. Löwenstein und ihre Familie

Auch David Löwensteins Schwester Rosa (* 1882) lebte in Fürstenau, verheiratet mit dem aus der Ovenhausener Viehhändlerfamilie stammenden Hermann Dillenberg (* 1884). 1915 wurde der Sohn Ernst geboren, und nach dem Ersten Weltkrieg, aus dem Hermann Dillenberg kriegsbeschädigt zurückkehrte, kam 1920 der jüngere Sohn Albert zur Welt.

Hermann Dillenberg handelte als Viehhändler hauptsächlich mit Schafen, Ziegen und Kälbern, bis ihm im Oktober 1938 wegen eines (angeblichen) Verstoßes gegen die Gewerbeordnung der Viehhandel untersagt wurde. In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 wurde er mit seinen Söhnen verhaftet und danach für drei Wochen in das KZ Buchenwald verbracht, während die Söhne erst nach neun Wochen entlassen wurden.

Entschuldigung Rosa Dillenbergs für ihren Mann wegen Nicht-Erscheinen zu einer Vorladung
Entschuldigung Rosa Dillenbergs für ihren Mann wegen Nicht-Erscheinen zu einer Vorladung

Hermann und Rosa Dillenberg wurden am 13.12.1941 über Bielefeld in das Ghetto Riga deportiert wurden, wo beide umkamen. Dem Sohn Albert gelang dagegen noch im April 1941 die Flucht nach England, wo er später zu einem erfolgreichen und wohlhabenden Kaufmann wurde.

Sein Bruder Ernst blieb in Deutschland. 1941 heiratete er die in Schlangen geborene Grete Levi (* 1912) und lebte mit ihr in Siekholz, wo sie vergeblich auf eine Auswanderung nach San Domingo hofften. Unter der Woche war Ernst Dillenberg meistens abwesend, weil er an verschiedenen Orten im Arbeitseinsatz war.

Grete Dillenberg um 1930 und der Sohn Berl Anfang 1943
Grete Dillenberg um 1930 und der Sohn Berl Anfang 1943

Am 16.3.1942 wurde in Steinheim der Sohn Berl geboren, und Anfang Juli 1942 musste die Familie in das Judenhaus in der Sachsenstraße 4 in Detmold ziehen, bis sie noch im selben Jahr nach Bielefeld-Schildesche gebracht wurden. Von dort wurden sie am 2.3.1943 nach Auschwitz deportiert, wo Grete Dillenberg und ihr noch nicht einjähriger Sohn sicher gleich ermordet wurden, während Ernst Dillenberg offenbar zunächst zur Arbeit eingesetzt war, bevor er am 21.12.1943 ebenfalls ermordet wurde.

Ein vermutlich von dem nach England emigrierten Albert Dillenberg in Auftrag gegebener Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof in Fürstenau erinnert dort heute an die ermordeten Familienangehörigen.

Berta Jacobi geb. Löwenstein und ihr Mann Emanuel Jacobi

Auch Gerson Löwensteins zweite Tochter Berta (* 1884) blieb in Fürstenau, wo sie mit ihrem 1922 geheirateten Mann Emanuel („Manuel“) Jacobi (* 1870), der ebenfalls aus Fürstenau stammte, bis 1938 ein kleines Kolonial- und Kurzwarengeschäft führte. Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor.

Aus der polizeilichen Meldung über die jüdischen Ziegenhalter in Fürstenau vom 26.2.1941.
Aus der polizeilichen Meldung über die jüdischen Ziegenhalter in Fürstenau vom 26.2.1941.

Wegen seines Alters blieb dem inzwischen 68-jährige Emanuel Jacobi nach der Pogromnacht 1938 die Inhaftierung in Buchenwald erspart. Jedoch mussten auch diese beiden in der folgenden Zeit ihren Lebensunterhalt mit der Haltung von Ziegen sichern.

Bei der Deportation der ersten Gruppe der Juden aus Höxter und Umgebung am 13.12.1941 hätte das Ehepaar mit dem 71-jährigen Emanuel Jacobi vermutlich noch in Fürstenau bleiben dürfen. Vielleicht zogen sie es jedoch vor, zusammen mit den anderen Angehörigen der Familie Löwenstein aus Fürstenau den Deportationszug nach Riga zu besteigen, wo beide umkamen.

Golda Löwenhardt geb. Löwenstein

Abschrift des Heiratseintrags, Trauzeugen: der Schwager Hermann Dillenberg und der Bruder David Löwenstein
Abschrift des Heiratseintrags, Trauzeugen: der Schwager Hermann Dillenberg und der Bruder David Löwenstein

Golda (* 1885), die dritte Tochter Gerson Löwensteins, aus unbekannten Gründen in Löwendorf geboren, heiratete 1926 in dessen zweiter Ehe den Dortmunder Eisenbahnschlosser Sally Löwenhardt (1872–1936) und lebte mit ihm in Dortmund-Brackel.

Der Grabstein Sally Löwenhardts auf dem jüdischen Friedhof in Dortmund-Wambel (rechts)
Der Grabstein Sally Löwenhardts auf dem jüdischen Friedhof in Dortmund-Wambel (rechts)

Nach dem Tod ihres Mannes 1936 blieb Golda Löwenhardt allein in Dortmund zurück, wo sich auch ihre Nichte Kläre Löwenstein für einige Zeit aufhielt. Im August/September 1940 besuchte Golda für mehrere Wochen ihre Angehörigen in Fürstenau, wahrscheinlich zum letzten Mal. Sie wurde am 27.1.1942 von Dortmund nach Riga deportiert, wo sie noch eine kurze Zeit mit den Geschwistern in einer Wohnung lebte. Sie gehörte sie zu den etwa 1.800 Jüdinnen und Juden, die am 15.3.1942 (od. 5.2.) unter dem Vorwand, in Dünamünde in einer Fischkonservenfabrik zur Arbeit eingesetzt zu werden, abtransportiert, aber auf dem Weg in speziell konstruierten Gaswagen ermordet und im Wald von Bikierniki in Massengräbern verscharrt wurden.

Josef Löwenstein und seine Familie

Josef (* 1890), der jüngste Sohn Gerson Löwensteins, der als Soldat im Ersten Weltkrieg leicht verwundet wurde, war dann in Schüttorf (Grafschaft Bentheim) mit der dort geborenen Johanne Wertheim (1890–1925) verheiratet und hatte mit ihr die Tochter Herta (* 1922) und den Sohn Günther (* 1925). Seine Frau starb kurz nach der der Geburt des zweiten Kindes, und Josef Wertheim heiratete ihre jüngere Schwester Luise Wertheim (* 1902), und zusammen führten sie in den folgenden Jahren das Schüttorfer Geschäft Wertheim bis ins Dritte Reich weiter.

Josef Löwenstein wurde in der Pogromnacht verhaftet, auf dem Marktplatz öffentlich verprügelt und für vier Wochen bis zum 11.12.1939 in das KZ Sachsenhausen verbracht. Der Sohn Günther besuchte nach seinem Ausschluss aus den öffentlichen Schulen ebenso wie seine Cousine Kläre und sein Cousin Helmut aus Fürstenau die Israelitische Gartenbauschule in Ahlem.

Über Münster wurde die Familie am 13.12.1941 nach Riga deportiert, mit demselben Zug wie auch die Fürstenauer Geschwister. Anscheinend wurden sie in das Nebenlager Salaspils verbracht, wo der Sohn Günther Ende Januar 1942 ermordet wurde, während die Tochter Herta am 9.8.1944 in das KZ Stutthof verschleppt wurde und dort nach wenigen Wochen umkam. Sie wurde zum 1.10.1944 für tot erklärt.

Der aus Schüttorf stammende Max-Hermann Löhnberg, ein Verwandter der Löwensteins, schreibt über das Schicksal der Familie: „[W]ie aus zuverlässiger Augenzeugenquelle berichtet worden ist, wurde mein Vetter Günther vor den Augen seiner Eltern erschossen. Gleich darauf wurde auch mein Onkel erschossen. Meine Tante Luise ist dadurch irrsinnig geworden und kurz danach am Hungertod gestorben.“

Fritz Ostkämper, 27.11.2017
e-mail: ostkaemper@jacob-pins.de